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Le sursis - Der Aufschub,  ein Roman von J.-P. Sartre

Zusammenfassung:

Le Sursis schildert die Woche im September 38 bis zur Unterzeichnung des Münchner Abkommens. Verschiedene Personen tauchen nur am Rande auf. Milan Hlinka, der Tscheche aus dem Sudetenland. Maurice und Zézette aus Paris, die zum Umfeld um Brunet gehören und auf Philippe stossen. Herr Charles, der in einem Krankenpflegeheim für Alte im Elsass ist, sich von der Krankenschwester masturbieren lässt und mit dem Zug aus der grenznahen Region evakuiert wird. Maud und deren Liebhaber Pierre sind in Marokko. Sie ist Mitglied einer Damenband, und sie schläft mit dem Kapitän des Schiffes, um bessere Kabinen zu erhalten. Es gibt eine Mobilmachung, die reichlich wirr verläuft. Mit falschen Plakaten, mit Falschen, die einrücken. Wie Gros-Louis, der Analphabet ist und den Mobilmachungsbefehl nicht lesen kann. Es gibt die Juden, die reichen geizigen Juden, Birnbaum, den Diamantenhändler, und dessen Tochter Ella. Birnbaum will nur Mensch und Franzose, aber nicht Jude sein. Nach ihm geht die Judenverfolgung in Deutschland die Juden in Frankreich nichts an. Und selbstverständlich gibt es noch die französischen Unterhändler um das Münchner Abkommen. Daladier miteingeschlossen. Daladier, der von den Franzosen begeistert als der Retter des Friedens empfangen wird, für den jedoch, da er weiss, wie kurzfristig der Frieden wohl sein wird, die Franzosen nur Idioten sind.

Den roten Faden von Le Sursis bilden wiederum jene Personen, die alle drei Bände von Les chemins de la liberté zusammenhalten. Brunet, der an die Unvermeidbarkeit des Krieges glaubt, weil er im Krieg nur eine Fortsetzung des Klassenkampfes sieht, einen Kampf der kapitalistischen Staaten um die europäischen Märkte. Er kann sich nicht mit den Parolen der Frauen, der Intellektuellen, der Bürger abfinden, dass es nie wieder Krieg geben darf, denn der Klassenkampf ist unvermeidlich. Eine neue zentrale Figur ist Philippe, die an Lucien aus L’enfance d’un chef gemahnt. Er ist Pazifist und Stiefsohn eines Generals. Für ihn haben die Eltern alle Tugenden. Sie lies­sen ihm nur das Böse übrig. So spielte er den Lustknaben für Pitteaux, den Leiter der Zeitschrift Le pacifiste. Philippe sucht, wie früher Nizan, nach seinem wahren Ich, durchläuft, wie der Psychiater meint, eine Originalitätskrise. Philippe will in die Schweiz desertieren, legt sich einen falschen Pass zu. Er, der sich von Rimbaud und Verlain inspirieren lässt, entscheidet aber plötzlich, nicht wegzufahren. Er ändert seine Wahl. Er verliert seine Jungfräulichkeit an eine Negerin aus Martinique. Und noch einmal engagiert er sich, indem er auf der Strasse schreit „Nieder mit Daladier und Chamberlain! Es lebe der Friede!“ Mathieu rettet ihn vor der erbosten Menge. Doch am Schluss kommt das Versagen. Philippe wird zu seinem Stiefvater zurückgebracht und weder als Deserteur noch als Passfälscher verurteilt. Sein Engagement war umsonst. Subjektiv ist er ein Versager, und objektiv hat er falsch, denn das Münchner Abkommen rettet wenigstens vorerst den Frieden. Das Urteil seines Stiefvater ist klar: Selbst um Böses zu tun, muss man ein Mann sein.

Und es gibt selbstverständlich Mathieu, seinen Bruder Jacques, Boris und Ivich, Daniel und Marcelle. Marcelle und Daniel sind am Meer in Peyrehorade. Daniel kann sich nicht damit abfinden, eine Frau zu haben. Aber schliesslich hat er sich diese Katastrophe gewünscht. Er hofft, dass es Krieg gibt, er fällt und sich das Problem so löst. Er will endlich sein, was er ist, sein, wofür sie ihn halten, ein Schwuler sein. Boris und Lola sind in Biarritz. Boris, der schon immer jung sterben wollte, wartet sehnsüchtig auf den Krieg, auf eine Gelegenheit zu fallen. Deshalb tritt er für drei Jahre in die Kolonialarmee ein. Ivich kehrt aus Laon nach Paris zurück. Mathieu ist zu Besuch bei Jacques und dessen Frau Odette in Juan-les-Pins. Jacques hat kein Verständnis dafür, dass sich die Franzosen für die sturen Tschechen töten lassen sollten, die den Sudetendeutschen die ihnen zukommenden Rechte nicht geben wollen. Teilweise hat er sogar Sympathien für Hitlers Regime, das er als jung und energiebeladen bezeichnet. Für Mathieu kann nur ein Bündnis mit Hitler Frankreich den Tod von Millionen und gleichzeitig die Revolution ersparen. Hitler ist nicht schlimmer als Stalin.

Mathieu seinerseits wird sich aufgrund der Mobilmachung bewusst, dass er nichts mehr hat, nicht einmal mehr seine Vergangenheit. Der Krieg wird ihn zum Namenlosen machen. Hätte er wenigstens einmal getan, was er wollte, wäre er wenigstens einmal frei gewesen. Doch jetzt ist es zu spät. Er wird einberufen. Seine ganze Zukunft wird ihm hierdurch gestohlen. Mathieu beneidet Gomez, der sich in seinem Krieg so engagieren konnte. Mathieu erkennt, dass der Krieg jeden einschränkt und die Würfel gefallen sind. Doch er erkennt auch, dass jeder seinen Krieg macht. Und jeder ist dadurch auch frei. Sarah, die die Dummheit der Männer und den Krieg verflucht. Odette, die Schinkenbrote zubereitet. Der Krieg ist die Summe der Gedanken von Mathieu. Noch einmal schiebt Mathieu das Ganze etwas hinaus, um seinen Freund Gomez, der nun vom Oberst zum General befördert worden ist, zu treffen. Gomez hatte seine Familie mit Sarah und Pablo in Marseille getroffen. Für ihn, der im Spanischen Bürgerkrieg vom Pazifisten zum Militanten wurde und nun den Krieg liebt, sind alle Franzosen nur Feiglinge, die nicht kämpfen wollen, die nur ihren alltäglichen Interessen nachgehen. Er erkennt richtig, dass es Hitler nicht um das Sudetenland geht oder um Danzig, sondern um ganz Europa.

Nach dem Treffen mit Gomez kehrt Mathieu nach Paris zurück in sein vertrautes Viereck zwischen Rue Cels, Rue Froideveaux, Avenue du Maine und Rue de la Gaîté. Er ist allein, verlassen. Zuerst stellt sich bei ihm ein Gefühl der Freiheit ein, dann ein Gefühl der erdrückenden Angst. Er erkennt, dass er die Freiheit zu weit weg gesucht hat, obwohl sie so nahe ist: er ist die Freiheit. Jetzt ist er frei für nichts. Nachdem er Philippe vor der Menge in Schutz genommen hat, schläft er noch mit Irène, Pitteaux‘ Sekretärin. Ivich verpasst ihn fast, da er gemäss Mobilmachungsbefehl nach Nancy aufbrechen muss. Auf der Fahrt nach Nancy erfährt Mathieu, dass der Frieden durch das Münchner Abkommen gesichert wurde.