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Sartres Zeitgenossen — Kurzbiographien Le–Mi

Jean Le Bitoux: 1948-2010. Pianist, Musikprof., Aktivist der Homosexuellenbewegung, Journalist. Zuerst bei der GP, wo er jedoch wegen seiner Homosexualität ausgegrenzt wurde. 1971 Mitbegründer der FHAR, dann aktives Mitglied der GLH (Groupe de Libération Homosexuelle). Gründete u.a. 1979 die erste Schwulenzeitschrift Gay Pied (bis 83 Lt.). 1980 Interview mit Sartre.

Sylvie Le Bon-de Beauvoir: 1941 (Rennes)-;Philosophielehrerin. Studierte an ENS Sèvres. Kurz vor ihrer Agrégation in Philosophie lernte Sylvie 1960 Beauvoir kennen. Seit 1961 hatten beide ein Verhältnis miteinander. 1962-63 von den Eltern nach Rennes zurückgeholt. Ab 1963 ein dauerhafte Lebenspartnerin von Beauvoir. Seit 1980 Adoptivtochter von Beauvoir. Arbeitete an ZM mit (u.a. Artikel gegen Foucaults Les Mots et les choses 1966Konflikt mit Arlette. Gab Beauvoirs Briefe heraus: Lettres à Sartres, Un amour transatlantique (an Nelson Algren), Correspondance croisée entre Simone de Beauvoir et Jacques-Laurent Bost, Beauvoirs Tagebücher 1926-27, Beauvoirs Kriegstagebuch 1939-41, aber auch die Neuausgabe von Sartres La Transcendance de l’égo (1966).

Michel Le Bris: 1944-. Journalist und Schriftsteller. Herausgeber von La Cause du Peuple März 70. Verhaftet und im Mai 70 zu 8 Monaten Gefängnis verurteilt. Arbeitete dann bei J’accuse und Libération. Ab 1974 mit Sartre und Le Dantec Herausgeber der Reihe La France Sauvage). 1978-83 beim Nouvel Obs. Weitere Tätigkeit in den Bereichen Literatur, Verlagswesen, Fernsehen.

Morvan Lebesque: 1911-70. Eigentl. Maurice Lebesque. Journalist. Engagierte sich schon früh für die breton. Sache (zuerst breton.-kath.-antisemit., dann kollaborationist, wieder ab 1966) 1940-43 bei Je suis partout, der kollaboration. Zs. von Brasillach (u.a. als Sekr. von Labreaux). Nach 2. WK befreundet mit Camus bekannt mit Sartre, bei Canard enchaîné (1952-). 1958 Diskussion mit Sartre, Adamov über Literatur und Politik. Beeinflusste Sartre inbezug auf seine Befürwortung regionalist. Bewegungen.

Elizabeth Lecoin (auch: Lacoin): S. de Beauvoirs und Merleau-Pontys Freundin; genannt Zaza, in den Memoiren als Elizabeth Mabille bezeichnet. Aus streng kath., reicher Familie. Beauvoir lernte sie 1918 in der Schule (Cours Adéline Désir, kath. Mädcheninstitut in St. Germain-des-Prés) kennen: engste Schulfreundin. Über sie lernte Beauvoir Stepha Gérassi kennen. Merleau-Ponty wollte Zaza heiraten, was deren Eltern jedoch ablehnten (Beauvoir wusste dies lange nicht und dachte, dass Zaza an Liebeskummer starb; beeinträchtigte lange ihre Beziehungen zu Merleau). Im Sommer 29 durfte Beauvoir Zaza nicht mehr sehen, da Beauvoir zu wenig kath.. Verstarb Nov. 1929 an einer Encephalitis.

Auguste Lecœur: 1911-92. Linker Politiker. 1927-54 PCF (u.a. Politbüromitglied und ZK-Sekr.: Nr. 3 im PCF, Stalinist, Verfechter Lysenkos, 1952 aktiv am Ausschluss von Marty beteiligt; 54 Ausschluss als Oberstalinist), 1958-70 SFIO, 1970 gründete Parti de la démocratie socialiste. Politkommissar im Span. Bürgerkrieg. Résistance (schon vor Jun. 41).

Jean-Pierre Le Dantec: 1943-. Journalist, Architekt. Herausgeber von La Cause du Peuple bis März 70. Verhaftet am 22.3.70 und im Mai 70 zu 1 Jahr Gefängnis verurteilt. Setzte sich 1973 für die Autonomie der Bretagne ein. Architekturprofessor, Dir. der École d'architecture de Paris-la-Villette. Sagte 1990, dass Sartre die Linke Frankreich davor bewahrt zu haben, im Terrorismus zu landen.

Violette Leduc: 1907-72. Schriftstellerin. Auch die „hässliche Frau“ (femme laide) genannt (fand sich selbst sehr hässlich). Unehelich geboren. Veröffentlichte 1946 L’Asphyxie (veröffentlicht durch Camus auf Vermittlung von Beauvoir; Auszüge Nov. 1945 in TM). Der Roman L’Affamée (1948) handelt von ihrer Liebe zu Beauvoir. Ihr grösster Erfolg war La Bâtarde 1964 (autobiograph., 2. am Prix Goncourt). Beauvoir lernte sie 1944/45 kennen. Lesbierin. Verkehrte v.a. mit Homosexuellen, befreundet mit mit Maurice Sachs, Genet (seit Herbst 46; Bruch 1952; Leduc war in ihn verliebt, doch Genet konnte Frauen nicht ausstehen), Guérin (1947-65) und Jouhandeau. Die psychisch unstabile Violette war immer von der Unterstützung Beauvoirs (-1964 bis zum Erfolg von La Bâtarde) und auch Sartres abhängig. Zeitweise musste sie sich psychiatrischer Behandlung unterziehen. Beauvoir als Erbin der Lizenzrechte von Leduc.

Georges Lefebvre: 1874-1959. sozst.-marxist. Historiker: v.a. über Franz. Rev. als Ausdruck des Klassenkampfs.

Henri Lefebvre. 1901-1991. marxist. Philosoph (Marx, Alltagsleben), Soziologe. Vom Hegelianismus beeinflusst. Surrealist, dann seit 1928 Mitglied des PCF. 1944-47 Hofphilosoph des PCF. Obwohl er 1945/46 den Existentialismus in stalinistischer Manier als dekadent angriff, hielt Sartre grosse Stücke von ihm (Lob seiner deskriptiv-analytisch-historischen Methode in Questions de méthode). Beeinflusste mit seiner Soziologie des Alltags Sartres Praxis-Begriff. Veröffentlichte 1946 das Buch L’Existentialisme (mit 1959 zurückgezogener Anschuldigung Nizans als notorischer Lügner; Nizan und Lefebvre hatten vor dem 2. WK mehrfach zusammengearbeitet). Sah den wahren Existentialismus schon in der Gruppe Philosophies (Lefebvre, Politzer, Morhange 1924-29) verwirklicht, die den Entfremdungsbegriff des jungen Hegel und von Marx ins Zentrum stellte. 1949 vom PCF zur Selbstkritik gezwungen. Lefebvre distanzierte sich 1956 vom PCF und wird 1959 ausgeschlossen. Mitglied der Redaktion von La Nouvelle Critique (1948-57, ausgeschlossen). 61-65 Prof. in Strassbourg (Einfluss auf die Situationisten), ab 65 in Nanterre. Er war einer der meistgelesenen Philosophen bei den Studenten der '68er-Generation. Unterschrieb das Manifest der 121.

Claude Lefort, 1924-2010. Schüler von Merleau. Seit 43 Trotzkist. Zusammen mit Castoriadis brach er 1946 mit dem Trotzkismus und gründete 1948 Socialisme ou Barbarie (bis 1966); diese vertrat rätedemokratische Konzepte und kritisierte die UdSSR als bürokratischen Kapitalismus. Brach 1958 mit Castoriadis. Arbeitete mit diesem ab 1968 wieder zusammen: Unterstützung der Selbstverwaltung. 1981 Trennung von Castoriadis über Fragen der modernen Demokratie. Mitarbeiter der TM 45-53. Diskussion in TM mit Sartre 1953 über Partei, Spontaneität und Klasse. Stand Merleau sehr nahe; Herausgeber von dessen posthumen Schriften.

René Leibowitz: 1913-72. Polnischer Herkunft. Musikologe und Komponist. Machte Zwölftonmusik und Schönberg in Frankreich bekannt. Mit Sartre seit 1944 bekannt. Sartre schrieb 1950 ein Vorwort zu seinem Buch L’Artiste et sa conscience.

Michel Leiris: 1901-90. Schriftsteller, Ethnologe (Afrikanist). Bis 1929 bei den Surrealisten. 1937-39 Collège de Sociologie (mit Bataille, Caillois; über das Irrationale, Heilige und Ekstatische in der Gesellschaft). Über seine Frau Louise (alias Zette) resp. Schwager Kahnweiler enge Beziehungen zur Kunst (Picasso, Matisse, Miró etc.). Befreundet auch mit Queneau. Leiris Autobiographie L’Âge d’homme (nicht chronologisch, sondern nach Themen gegliedert; grosse Bedeutung der Sexualitöt) beeindruckte Sartre und Beauvoir. Lernte Sartre und Beauvoir 1943 im Rahmen des CNE kennen: führte sie in die Pariser Kunstwelt ein: die berüchtigte Fiesta im März 44 mit Picasso und dessen Stück Picassos Le Désir attrapé par le queue, Camus, Sartre etc. fand in Leiris Wohnung am 53bis, quai des Grands-Augustins statt. Trafen sich oft zum Abendessen. Besprach positiv Les Mouches in den Lettres Françaises Dez. 43. Publizierte z.T. in TM (schlug Le Grabuge als Titel für die TM vor). Engagierte sich politisch links, oft mit Sartre (Manifest gegen Verleumdung Nizans 1947, Manifest der 121, Mai '68). Arbeitete mit an L’Affaire Henri Martin (1953). 1970/71 zusammen mit Beauvoir Vorsitzender der Amis de La Cause du Peuple ; engagierte sich auch sonst links nach Mai 68 (u.a.mit R. Castro).

David J. van Lennep: 1896-1982. Holländ. phänomenolog. Psychologe: wandte sich der Testpsychologie zu. Sartre und Beauvoir besuchten ihn 1946.

Henry Leroy: Abt. Bei Beauvoir Abbé Page; mit Sartre im Kriegsgefangenlager; Sartre mochte ihn besonders gern. Nahm später aktiv an den 68er Unruhen teil und heiratete.

Jean Lescure: 1912-2005. Schriftsteller, Dichter. Hg. der Lit.zs. Messages 1939-46 (mit Texten von Sartre 1942, 1943), ab 42 im Widerstand. Befreundet mit Malraux. Aktiv im Filmgeschäft.

Carlo Levi: 1902-75. Italiener jüdischer Herkunft.. Arzt, bedeutender Maler des Realismus, Schriftsteller, Journalist. Antifaschist. Lebte nach seinem Medizinstudium als Maler und nochmals nach seiner Verbannung 1935/36 in Paris. Während des Zweiten Weltkriegs Mitglied der italienischen Résistance. Mitglied 1941-47 Mitglied der linken Aktionspartei, dann Sympathisant des PCI, für die er Senator im Parlament war. Schrieb 1945 den weltberühmten Roman Cristo si è fermato a Eboli (Christus kam nur bis Eboli), das sich mit Levis Lebensthema, dem armen Süden Italiens, befasste. Enger Freund Sartres (1. Treffen 1946). War mit Sartre 1955 in der UdSSR und in China. Sartre schrieb über ihn L’Universel singulier (1967).

Claude Lévi-Strauss: 1908 (Bruxelles)-2009. Ethnologe und Soziologe. Studierte an der Sorbonne im selben Jahrgang wie Beauvoir: mit ihr bekannt. Lehrte 1935-39 in Sao Paolo, 41-44 in New York (New School for Social Research), 45-48 auf der Botschaft in den USA. 1950-74 an der École pratique des hautes études, 1959-82 Professor am Collège de France. 1973 Mitglied der Académie Française. Marxist in ähnlichem Sinne wie Sartre. Mitbegründer des Strukturalismus (die Menschen träumen nicht die Mythen, sondern die Mythen strukturieren das Leben der Menschen). Traf Sartre in New York Anfang 1945. Veröffentlichte in den TM. Les Structures élémentaires de la parenté flossen in Beauvoirs Le Deuxième sexe ein. 1955 sehr lobende Besprechung von Tristes Tropiques durch Beauvoir in TM. Sartre erwähnt Lévi-Strauss positiv (u.a.in Questions de méthode, auch im Interview in L’Arc 1966). Dieser lehnte jedoch Sartre und dessen Critique de la raison dialectique und den Begriff von Anthropologie ab (cf. La Pensée sauvage: letztes Kapitel Historie et dialectique; Ablehnung der Idee von Geschichte als kontinuierlich verlaufender Prozess; Dialektik auch ausserhalb des menschl. Denkens),worauf Sartre seinerseits mit L’Anthropologie reagiert (1966). Sah im Mai ‚68 den Sieg des marxist. Existentialismus über den Strukturalismus.

Emmanuel Levinas: 1906(1905)-95, Philosoph. Aus Kaunas/Litauen, lebte ab 1923 mit Ausnahme eines Aufenthaltes bei Husserl und Heidegger in Freiburg und seiner Zeit als Zwangsarbeiter in einem dt. KZ während des 2. WK in Frankreich. Befreundete sich während seiner Studienzeit in Frankreich mit M. Blanchot. Mit seiner Dissertation La Théorie de l’intuition dans la phénoménologie de Husserl, (1930 publiziert) die Sartre 1933 las, führte er Husserl in Frankreich ein. Zuerst Lehrer an der École normale israélite orientale in Paris (Schule für ostjüdische, meist konserv. Studenten), dann deren Direktor: unterrichtete die Schüler im Talmud. 1967 Prof. in Nanterre, 1973-79 Sorbonne. Begann in den 50er Jahren seine eigene Philosophie zu entwickeln: die Ethik im Zentrum. Ausgangspunkt war seine Unterscheidung zwischen dem jüdischen und dem griechischen Denken, die auch B.-H. Lévy übernahm. In ersterem steht der Bund Jahwes im Vordergrund, den dieser mit allen und jedem einzelnen Juden abschliesst: jeder Jude ist gegenüber Gott und den andern Juden als Person verantwortlich: jeder Jude ist des andern Juden Hüter. Anders in der griechischen Polis: keine direkte Verantwortung des einzelnen gegenüber dem andern, sondern nur vermittelt durch die Polis und ihre Gesetze. Wie bei Buber kommt die Ethik vor der Ontologie: ich bin dem andern gegenüber persönlich verantwortlich; zu meinem eigenen Ich gelange ich nur durch den Andern; der Andere kommt zuerst, nicht das Ich; der andere wirft mich in meinem egoistischen Tun auf mich selbst zurück, macht mich zum Sub-jekt als Ich wie als Unterworfener; daraus entsteht die Verantwortung, die ich für mich und meine Taten habe. Für Lévinas ist damit auch schon die Krankheit definiert, an der die moderne Gesellschaft leidet: der andere wird nicht mehr als konkreter Anderer erfahren, sondern ist nur noch als der anonyme, totalisierte Andere aus den Abendnachrichten. Letztlich beruht Lévinas Ethik auf der Unterscheidung von Gemeinschaft und Gesellschaft: die Möglichkeit, wie weit in einer globalisierten Gesellschaft noch Gemeinschaft möglich ist, setzt auch Lévinas Ethik ihre Schranken. Lévinas äusserte sich selten, aber eher positiv zu Sartres Existentialismus, kritisierte jedoch, dass der Andere nur als eine Bedrohung, nicht als Rechtfertigung meiner Freiheit gesehen wird. Lévinas schrieb Sartre zur Ablehnung des Nobelpreises einen bewundernden Brief. Sartre kannte jedoch Lévinas nicht. Da Benny Lévy sich Ende der 70er Jahre Lévinas näherte, wird dessen und Sartres gemeinsames Werk L’Espoir maintenant manchmal als von Lévinas beeinflusst angesehen. Lévinas erkannte selbst zwar gewisse Konvergenzen zwischen ihm und Sartre, bestand jedoch auf generell unterschiedlichen Positionen.

Benny Lévy: 1945-2003; alias Pierre Victor. Ägyptischer Jude. 1956 als Staatenloser nach Frankreich eingereist. 65-70 Student an der ENS, u.a. bei Althusser. Ersetzt Linhart während Mai 68 als Führer der UJCml: wegen Niederlage des Mai 68 abgestzt (nach Sochaux in Peugeot-Fabrik gesandt). Dann 1968 Führer der maoistischen Gauche Prolétarienne unter dem Pseudonym Pierre Victor; tauchte jedoch kaum in der Öffentlichkeit auf. Traf Sartre erstmals 1970 (Vermittlung von L. Siegel) zwecks Übernahme der Herausgeberschaft der Zeitung La Cause du Peuple. Nahm entscheidend an der Lancierung der Zeitung Libération teil (u.a. Nov. 1972 Präsentation des Manifestes für Libération): führt die GP in die Libération über, womit er entscheidend zur friedl. Auflösung der GP beitrug. 74-80 Sekretär von Sartre. Sartre verhalf ihm zur französischen Staatsbürgerschaft. Begann ab 1978 mit dem Studium des Talmud und der hebräischen Sprache und insbesondere von Lévinas. Nach Sartres Tod widmete er sich ab 1983 ausschliesslich dem Judentum und der jüdischen Philosophie. Lebte ab 1995 in Jerusalem, zuletzt als Direktor des Institut d’études lévinasiennes. Lévys Beziehungen zu Sartres Umgebung waren sehr schwierig (zu Beginn selbst zu Arlette). Am Schluss gab es zwei Lager, jenes um Lévy/Arlette und jenes um Beauvoir/Bost. Lévy wurde für den Inhalt des mit Sartre gemeinsam veröffentlichten Buches L’Espoir maintenant heftig kritisiert (“Greisenverführung”).

Bernard-Henri Lévy: 1948-. Führender Nouveau Philosophe. ENS. Schrieb 1977 La Barbarie à visage humain : gegen faschist. wie komm. Totalitarismus. Sieht im Monotheismus eine Festung gegen die Barbarei und den modernen Nihlismus. L’Idéologie Française (1981): der Kult der Erde, der Nationalismus und der Intellektuellenhass als Wurzeln eines eigenen franz. Faschismus (sehr kontrovers, da ein eigenständiger franz. Faschismus verdrängt wird). Setzt sich für Mujahedin in Afghanistan, die Bosnier und die Kosovo-Albaner ein. Neulich auch gegen Islamismus: Manifeste des 12 (2006; obwohl pro-muslim.). Veröffentlichte 2000 Le Siècle de Sartre. Gründet 2000 mit Finkielkraut und B. Lévy das Institut d'Études Lévinassiennes. Sieht sich als politisierender Intellektueller in der Tradition Sartre, allerdings ohne dessen philosoph.-lit. Seite zu haben.

Raoul Lévy: -1986. 1938 Schüler von Sartre am Lycée Pasteur, wie Kanapa, Lamblin, Jacques Besse (1921-99, Komponist von Filmmusik), Hadjibelli ( Tchimoutchine), mit denen er zusammen eine Clique bildet. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs hatten Sartre und Beauvoir rege Kontakte zu ihm. Mitglied von Socialisme et liberté. Freund von Kanapa und Lamblin.

Antonín Jaroslav Liehm: 1924-2020. Essayist, Journalist, auch über Film. 1961-69 Redaktor bei den Literární Noviny. Sartre traf ihn erstmals 1963 in Prag, wo Sartre ihm ein Interview gab. Wurde 1967 aus der KP ausgeschlossen. 1970 in die USA emigriert, dann nach Paris. Professuren u.a. an Universität Paris und EHESS. 1977 Organisator der Biennale über Dissidente Kultur in Osteuropa in Venedig. Sartre schrieb ein Vorwort zu seinem Buch Trois générations. Entretiens sur le phénomène culturel tchécoslovaque (1970). Gründete 1984 die Zs. Lettre International in Paris.

Robert Linhart: 1943-. Philosoph, Soziologe. Student ENS: Mitgl. UEC, unter Einfluss Althussers. pro-chin: aus UEC ausgeschlossen gründete er 1966 UJC(ml): für Einsatz bei Arbeitern statt in bürgerl. Quartieren: während Mai 68 als Chef der UJCml durch B.Lévy ersetzt, nach Misserfolg des Mai 68 wieder zurück. Nachher Mitglied der von B. Lévy gegr. GP, dann mehrere Jahre als Arbeiter bei Citroën, bevor Phil.-Dozent an Univ.

André Luguet: 1892-1979. Theater- und (seit 1911) Filmschauspieler. 1948 Hoederer in Uraufführung von Les Mains sales.

Georg Lukács: 1885-1891. Philosoph, zuerst Kunstphilosoph, versuchte nicht-marxistische Philosophie (u.a. Lebensphilosophie) mit Marxismus zu verbinden. Verdinglichung, Entfremdung, Authentizität, Geschichtlichkeit als wichtige Kategorien (u.a. in Geschichte und Klassenbewusstsein 1923). Teilnehmer der ungarischen Revolution 1919. Lebte 1929-44 in Moskau. Gab der stalinistischen Kritik grösstenteils nach. 1948/49 heftige Diskussion zwischen Sartre und Lukács. Veröffentlichte 1948 Existentialisme ou marxisme? (bezeichnet Sartre als Kryptotrotzkisten, nahm ihn jedoch gegen die Beschuldigung des Faschismus in Schutz). Sartre traf ihn 1955 an Weltfriedenskonferenz in Helsinki: nur leichte Entspannung. 1956 Teilnehmer des Ungarnaufstands, Kulturminister. Nach Niederschlagung des Aufstands nach Rumänien deportiert. Später begnadigt.

Patrice Lumumba: 1925-61. 1960 erster Ministerpräsident von Kongo. Schon nach drei Monaten durch Mobutu gestürzt. Heftiger Kritiker des Kolonialsystems: verlangte echte Entkolonialisierung. 1961 unter nie restlos geklärten Umständen ermordet (wahrscheinlich Katangesen und Belgier).

Trofim Denisovitch Lysenko: 1898-1976. Sowjet. Biologe und Agronom. 1940-65 Direktor der Genetik-Instituts der sowjet. Akademie der Wissenschaften. (Selbst biologische) Eigenschaften werden erworben, nicht ererbt. Paradebeispiel stalinist. Wissenschaftspolitik.

Maria Antonietta Macciocchi: 1922-2007. Ital. Linksaktivistin. 1942 Mitgl. des illegalen PCI. U.a. als Journalistin tätig: ab 1968 für L’Unità, 1968-72 Mitgl. ital. Parlamant; befreundet mit Althusser; als pro-Mao 1971 in China: 1972-79 in Paris (u.a. Dozentin in Vincennes): bewegte sich dort in maoist. Kreisen; organisierte 1974 Reise von Sollers etc. nach China (befreundet mit ihm), 1977 aus PCI ausgeschlossen, weil sie die gewaltbereiten Autonomen in Bologna unterstützte: organisierte Protest der franz. Intellektuellen gegen Unterdrückung der Autonomen (cf. Unterschrift Sartres im Juni 77), 1979-84 für Partito Radicale im Europ. Parlament. Interviews mit Sartre 1965, 1979.

Judith Magre: 1926-. Schauspielerin. Zuerst in Compagnie Renaud-Barrault, dann Théâtre national populaire. Lanzmann verliebt sich in sie, was die Eifersucht von Beauvoir weckt: 1963- verheiratet. Sartre adaptiert 1965 für sie auf Wunsch von Lanzmann Les Troyennes von Euripides.

René Maheu: 1905-75. genannt Lama, in den Memoiren Herbaud; aus Toulouse. Einer der engen Freunde von Sartre an der ENS (Eintritt ein Jahr nach Sartre). Viele Affären mit Frauen; Nadine Chaveau als seine langjährige Freundin). Beauvoir und er waren 1929 ein Paar (doch erst 1945 intim). Ästhet. Durch Gandillac mit Castor bekannt gemacht. Führte Beauvoir bei Sartre ein. Gab ihr den Namen Castor. Nachdem er bei der Prüfung durchgefallen war, verliess er Paris, ohne sich zu verabschieden. 1930/31 Philosophielehrer in Coutances. 1931-33 Philosophiedozent in Köln. 1933-39 in London (Kulturattaché). 1940-46 in Marokko und Algerien. Traf sich mit Beauvoir erst wieder 1945. Seit 1946 bei der UNESCO. 1961-74 Generaldirektor der UNESCO: „Monsieur UNESCO“. Seitdem regelmässige Treffen. Trat als Generaldirektor für einen neune Humanismus und eine nicht-politische Ethik ein. Unterschrieb 1947 das Manifest gegen die Verleumdung Nizans durch den PCF.

Stéphane Mallarmé: 1842-98. Dichter. Begründer des Symbolismus. Zu seinen Freunden zählten Verlaine, Gide, Valéry. Beeinflusst von Baudelaire. Schrieb eine entdinglichte, mit Assoziationen und Geheimnissen beladene Dichtung.

Robert Mallet: 1915-2002. Beamter, Schriftsteller, Interviewer am Radio. Sartre sprach 1955 mit ihm über Theater.

Serge Mallet: 1927-73. Soziologe. Schrieb vor allem über die Arbeiterklasse und die Bauernschaft. Für Selbstverwaltung.

André Malraux: 1901-76. Schriftsteller und Politiker. Ohne richtige Ausbildung bewegte er sich früh in lit. und Kunstkreisen (Jacob, Morand, Cocteau, Radiguet, Kahnweiler, Gide, Breton, Aragon). 1923-27 in Indochina: 1923 Diebstahl von Basreliefs aus dem Tempel Banteay Srei (Angkor Wat) aus finanz. Gründen (verurteilt und begnadigt). Weitere Abenteuerreisen nach Arabien. Grosser Baumeister seiner eigenen Mythen: war nie in China (ausser Hong Kong, Macao) vor dem 2. WK; lange Zeit nicht in der Résistance und wenig erfolgreich. Schrieb grosse frühexistentialistische Romane: 1928 Les Conquérants, 1930 La Voie royale, 1933 La Condition humaine, 1937 L’Espoir. Ab 1928 im Lektoratskomitee bei Gallimard: befreundet mit Groethuysen. Durch seine Frau Clara, eine dt. Jüdin, früh sensibilisiert, kämpfte er mit dem Kommunisten gegen die Faschisten (deshalb befreundet mit Nizan): 1933 Redner an der ersten Versammlung der Association des Ecrivains et Artistes Révolutionnaires. 1934 mit Gide in Berlin zwecks Freilassung der Kommunistenführer Georgi Dimitrow und Ernst Thälmann. 1934 in Moskau am ersten Sowjetischen Schriftstellerkongress (Beschluss des Sozst. Realismus): traf Stalin. 1935 mit Gide Organisation des Congrès international des écrivains pour la défense de la culture, dann Sekr. der Association internationale des écrivains pour la défense de la culture. Nie Mitglied des PCF. 1936 in Spanien : entscheidender Beitrag zum Aufbau der republikan. Flugwaffe. 1939 Bruch mit Kommunisten wg. Hitler-Stalin-Pakt. Während des 2. WK v.a. in S-Frankreich in seiner Villa: erst 3 Mt. vor der Landung in der Normandie Beitritt in Résistance: Aufbau der Alsace-Lorraine-Brigade. Nov.45-Jan. 46 Informationsminister (R. Aron als sein Kabinettsdirektor: mit ihm seit 1927 bekannt). 1947-53 Lt. Pressedienst des gaullist. RPF. Widmete sich ansonsten v.a. Büchern über Kunst. 1958/59 Informationsminister, 1959-69 Staatsminister für kulturelle Angelegenheiten (sehr gute Initiativen in Kultur, viele Staatsbesuche) und de Gaulles Intimus. Malraux war ein Frühexistentialist: Sartre bezeichnete ihn als seinen Johannes d. Täufer: die Absurdität des Lebens verleiht den menschlichen Handlungen erst Sinn; der Mensch muss seinem Leben Sinn geben: Angst und Hoffnung als Ausdruck der Freiheit des Menschen: schlimm ist nicht der Tod, sondern der Verfall. Die Beziehungen zwischen Sartre und Malraux waren schlecht, obwohl sie beide bei Gallimard waren (Aron: beide hatten sich nie etwas zu sagen): Renée Ballon, eine Freundin von Beauvoir, war vergeblich in Malraux verliebt und verfiel dem Wahnsinn (1933); als Sartre 1940 Malraux besuchte und ihn um Hilfe beim Aufbau einer Widerstandsgruppe bat, verweigerte sich Malraux; er half nicht bei der Lancierung der TM; 1948 forderte Malraux ultimativ, dass die TM Gallimard verliessen; als de Gaulles Staatsminister und Weltenreisender Sartres Gegenstück: insbesondere in Brasilien (1959/60); Malraux nahm es Sartre übel, dass seine Tochter das Manifest der 121 unterschrieb. Trotzdem sprach Sartre respektvoll von Malraux: als Camus 1958 den Nobelpreis erhielt: eigentlich hätte er Malraux gehört. Fallweise polit. Zus.arbeit: Frühjahr 1958 gegen Folter in Algerien; 1969 Freiheit für Debray; 1975 für zum Tode verurteilte ETA-Mitglieder in Spanien; 1975 gegen Verurteilung von Zionismus als Rassismus.

Florence Malraux: 1933-2018. Tochter von André Malraux. Filmassistentin. Unterschrieb 1960 das Manifest der 121: Bruch mit Vater.

Michèle Manceaux: 1933-2015. Journalistin, Schriftstellerin. Bewog Sartre im Feb. 72 zur Teilnahme an einer Demonstration zum Tod Overneys, der von Renault-Wächtern erschossen wurde. Sartre schrieb für sie das Vorwort zu Les Maos en France (1972).

Joseph Mancy: 1874-1945. Heiratete 1917 Anne-Marie Schweitzer. Sartres Stiefvater. Aus einer Eisenbahnerfamilie in Lyon. Absolvent der École Polytechnique aus demselben Jahrgang wie Anne-Maries Bruder Georges (1895), wo sie ihn wie Jean-Baptiste Sartre kennen lernte. Unternehmer: Generaldirektor der Marine, Direktor der Établissements Delaunay-Belleville (Werft in La Rochelle). Später in Paris, dann Leiter der Fabrik Le Flaive in Saint-Étienne, dann in der Direktion von Éléctricité de France in Paris. Mitglied der Légion d’honneur. Besass Ferienhaus bei Saint-Sauveur-en-Puisaye/Saint-Fargeau (Yonne), wo Sartre regelmässig seine Mutter in den Sommerferien für ein paar Tage besuchte. Autoritär und hart, gegen sich selbst wie gegen andere, fand er nie ein gutes Verhältnis zu seinem Stiefsohn. Die Tatsache, dass Mancy jedoch jegliche Kollaboration mit den Deutschen ablehnte und de Gaulle’s Aufruf zum Widerstand vom 18.6.40 unterstützte, sollte für die letzten paar Jahre das Verhältnis zw. ihm und Sartre verbessern

Arnold Mandel: 1913-87. Aus Familie galiz. Juden. Schriftsteller. Bücher über orthodoxe Judentum und Chassidisimus. Journalist (L’Arche, La Revue juive). Befreundet mit Sartre seit 1937/38 (auch Camus). Erstes Interview von Sartre 1939 (1947 La Revue Juive publiziert). Brachte Sartre die Welt des traditionellen Judentums näher

Ernest Mandel: 1923-95. Trotzkist, marxist. Ökonom. Führer. Pseudonym u.a. Ernest Germain. Belgier poln.-jüd. Herkunft. 1944 zusammen mit Raptis Leiter des Intl. Sekretariats der IV. Internationale: bis zu seinem Tod Führer der Hauptströmung im Trotzkismus trotz vielen Disputen und Spaltungen (1948 für Tito. 1952 für Entrismus (v.a. gewerkschaftliche Arbeit; Parlamentsarbeit abgelehnt), in den 50er bis 70er Jahren für Drittweltbewegungen. Mehrere Artikel in den TM. Einer der Hauptgegner Sartres in dessen Les Communistes et la paix.

Gabriel Marcel: 1889-1973. Christlicher Existenzphilosoph. Schriftsteller. Jüd. Atheist, bekehrte sich 1929 zum Katholizismus. Schuf den Ausdruck Existentialismus, sah sich als Neo-Sokratiker: Verbundenheit mit Gott in Liebe und Hoffnung. Veröffentlichte 1927 sein Journal métaphysique, 1935 Être et avoir. 1940-44 im Midi. Sartre nahm mind. 2x an den Freitagsveranstaltungen von Gabriel teil (1938 mit Referant Sartres über den Eid/Le Serment und 1939). Gemäß eines Briefes von Sartre an Marcel 1943 beeinflusste Marcel S. in Bezug auf den Begriff der Situation, aber auch des Zähflüssigen (visqueux); großer Gegensatz inbezug auf Transzendenz und Gott (und Sartres These, dass auch Tiere Bewusstsein haben). Besprach 1939 La Nausée und Le Mur, 1943 L’Être et le néant; gab 1946 einen Vortrag unter dem Titel L’Existence et la liberté humaine chez Jean-Paul Sartre. Sartre kritisierte ihn in Qu’est-ce que la littérature? (1948). Marcels Ablehnung Sartres nahm mit dem steigenden Interesse der Jugend zu. Immer mehr störte ihn der amoralische Gehalt in Sartres Werk. Im Kommentar zur Ablehnung des Nobelpreises durch Sartre nannte er diesen einen Totengräber des Westens und Verführer der Jugend.

Raymond Marcellin: 1914-2004. Gaullist. Politiker. Während 2. WK Pétainist, dann bei Unabh. Republikanern, UDF. Nach Mai 68-1974 Innenminister. Ging rigoros gegen Gauchisten vor (Verbote: 12.6.68: JCR und PCI (beide trotzkist.-IV.Intl.), Voix ouvrière (trotzkist.-Union Communiste/Barta), FER und OCI (beide trotzkist.-lambertist.), UJCml (maoist.), PCMLF (maoist.-orth.-pro-chin.), M22M (trotzkist.-anarch.), etc.; 28.6.73: LCR (trotzkist.-IV. Intl.), aber auch Ordre Nouveau (rechtsextrem), z.t. auch rechtswidrig (u.a. gegen gauchist. Presse): selbst Canard enchaîné wurde 1973 abgehört: deshalb Demission.

Georges Marchais: 1920-97. 1942-45 als Freiwilliger im Flugzeugwerk Messerschmidt im Deutschen Reich gearbeitet. Nach Rückkehr Gewerkschaftsssekr., 1947 Mitgl. PCF. Generalsekretär des PCF 1970 (de facto)/1972 (de iure)-94. 1959- Politbüromitglied. Orthodoxer Kommunist trotz Unterzeichnung des Programme Commun mit PS 1972: gegen Mai 68, schwieg zu Einmarsch in Tschechoslowakei 1968. Verantwortlich für Niedergang des PCF.

Herbert Marcuse: 1898-1979. Philosoph. Vertreter der Frankfurter Schule/Kritischen Theorie: einer der bedeutendsten Ideologen der 68er. Schüler von Heidegger – deshalb sein Interesse an der Authentizität des modernen Menschen –, dann mit Adorno und Horkheimer in Frankfurt. Vereinigte Marx und Freud: Triebstruktur und Gesellschaft 1955; gegen Entfremdung im technokratischen Kapitalismus: Der eindimensionale Mensch 1964. 1933 emigriert nach Genf und Paris, ab 1934 in den USA. Weilte die 1. H. Mai 68 in Paris (ohne Kontakt zu den rebellierenden Studenden). Schrieb 1948 einen Aufsatz über den Existentialismus Sartres. Ergebnisloses Treffen mit Sartre im Mai 1974 in Paris, als Marcuse zu Vorlesungen in Vincennes weilte, auf Veranlassung Philippe Gavis: sah in On a raison de se révolter eine neue Bibel.

Jacques Maritain: 1882-1973. Konvertierte 1906 als agnost. Protestant zum Katholizismus, zus. mit seiner Frau Raïssa Oumançoff (Уманцова, aus Russland, jüd., beide studierten an Sorbonne). Philosoph, zuerst Schüler von Bergson, dann Thomist, Personalist. Für integralen Humanismus inkl. Demokratie und Menschenrechte. Beeinflusste 2. Vaticanum. International tätig (v.a. auch in Lateinamerika), 1940-45 und 1948-60 in den USA. 45-48 Diplomat (Botschafter beim Vatikan, UNESCO). Kritiker von Sartres Existentialismus. 1950 Mitbegründer und später Ehrenvors. des Congress for Cultural Freedom.

Germaine Marron: 1927/28 Freundin von Sartre, Cousine von Alfred Péron. Kontakte v.a. durch Liebesbriefe (2 erhalten). Germaines Eltern lehnten Heiratsantrag von Sartre (angefragt durch Mutter und M. Mancy) ab, nachdem Sartre an Agrégation durchgefallen war.

Henri Martin: 1927-2015. Franz. Matrose, Auslöser der Affäre Henri Martin. In der Résistance, 45-47 in der Marine in Indochina. Verteilte 1949 in Toulon Flugblätter gegen den Krieg: deswegen 1950/51 zu fünf Jahren Haft verurteilt, während gleichzeitig viele Kollaborateure Auszeichnungen erhielten. Proteste gegen das Urteil durch viele Intellektuelle (Affäre Henri Martin). 1953 freigelassen. Anschliessend Funktionär des PCF, seit 1974 ZK-Mitglied, auch Lt. der Zentralen Parteischule. Sartre veröffentlichte 1953 ein Werk über die Affäre.

Louis Martin-Chauffier: 1894-1980. Journalist (Figaro, Paris-Soir, 1942-44 Chefred. von Libération, Paris-Presse), Schriftsteller. Während 2. WK in Résistance (44/45 KZ Bergen-Belsen). Herausgeber von Gide, Cendrar, La Rochefoucauld.

Roger Martin du Gard: 1881-1958. Schriftsteller. Literaturnobelpreis 1937. Befreundet mit Gide. Lange von sozialistisch-pazifistischer Gesinnung, aber eher apolitisch („besser Hitler als Krieg“). Aber 1934 Mitglied des Comité de vigilance des intellectuels antifascistes. 1958 engagierte sich gegen Folter in Algerien.

Gilles Martinet: 1916-2006. Journalist. 1933-38 PCF-Mitglied (trat wegen Moskauer Schauprozesse aus). Résistance (Libération Sud). 1944-48 Chefredakteur von Agence France-Presse AFP. 1945-50 zus. mit Naville Lt. der Revue Intenationale. Kritisch gegenüber RDR, 1950 gründet mit Bourdet und Stéphane Observateur (1950-64 Directeur; in dieser Eigenschaft 1958 Diskussion mit Sartre, Adamov etc.), später Nouvelle Observateur (Administrateur 1964-85). Generalsekretär der UGS (Union de la gauche socialiste, 1957-60). Mitbegründer des PSU (1960-67 Secrétaire national adjoint), dann im PS (1973-75 in der Leitung, 1975-79 Secrétaire national). 1981-84 Botschafter in Italien. Gegner von Mitterrand, dessen Verhalten zu Vichy-Zeiten er stark kritisierte.

André Marty: 1886-1956. Organisierte 1919 die Revolte der französischen Schwarzmeersoldaten, die den Weissen Truppen gegen die Bolschewiken helfen sollten: deswegen zu 20 Jahren Zwangsarbeit verurteilt, 1923 begnadigt. 1925 ins ZK, 1932 ins Politbüro des PCF gewählt, 1932-35 Chefredaktor der Humanité, 1935-43 Sekr. der Komintern, 1936 –37 Generalinspekteur der Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg („der Metzger von Albacete“). Hemingway hat ihn unter dem Namen Massart in For Whom the Bell Tolls wiedergegeben. 1939-43 in Moskau. Einer der führenden Vertreter des revolutionären, eher nationalistischen Flügels innerhalb des PCF: Nr. 3 in der Hierarchie. Verlor nach 1947 gegen den Moskauer Flügel unter Thorez. 1952 zusammen mit Charles Tillon wegen sog. Agententätigkeit aus der Partei ausgeschlossen.

Dionys Mascolo: 1916-97. Schriftsteller, Philosoph. Lektor bei Gallimard. 1942-56 Lebensgefährte von Duras, auch nachher noch enge Zusammenarbeit. In der Résistance zusammen mit Mitterrand. 1946-50 Mitglied des PCF. Ausschluss aus PCF wegen Ablehnung der komm. Schauprozesse und Titoismus. Veröffentlichte 1953 sein anti-stalinistisches Buch Le Communisme, das eine heftige Diskussion zwischen Sartre und dem PCF auslöste (L’Opération „Kanapa“). Gegen Algerienkrieg (gründete 1955 Comité d’action des intellectuels contre la poursuite de la guerre en Algérie: Erklärung unterschrieben auch von Sartre, Beauvoir, Duras, Martin du Gard, F. Mauriac, Cocteau, Sarraute, E. Thomas, Jean Cau; unterschrieb Manifest der 121), für Mai '68. Zeitweise Mitarbeiter der TM.

François Maspero: 1932-2015. Schriftsteller, Übersetzer, Verleger. Gründet 1959 die Éditions Maspero. Engagierte sich verlegerisch für den algerischen Unabhängigkeitskampf. Herausgeber von Fanons Les Damnés de la terre, Werken von Nizan (mit Vorwort von Sartre), Guevara, Althusser, Frühwerke von Debray, Bernard-Herni Lévy. Später für osteuropäische Dissidenten, Bosnien, Palästina.

André Masson: 1896-1987. Surrealistischer Maler, Bühnenbildner. Befreundet mit Leiris und Queneau. Sein Beitrag zur Surrealistenausstellung im Januar 1938 hinterliess bei Sartre einen besonders tiefen Eindruck. 1946 Bühnenbild für Morts sans sépulture und La Putain respectueuse. Unterzeichnete 1960 das Manifest der 121.

Jacques Massu: 1908-2002. General. Zuerst in Indochina, dann in Algerien. Verantwortlich für Schlacht von Alger Jan.-Okt. 57, die Massu auch mit Folter gegen den FLN gewinnt. Unterstützt die Putschisten vom Mai 58, gründet einen Ausschuss für zivile und mil. Wohlfahrt und fordert neue Regierung, was in der V. Rep. de Gaulles endet. 1958-60 auch ziviler Chef der Region Alger. Wg. Kritik an de Gaulles Algerienpolitik 1960 zurückberufen. 1966-69 OB der franz. Armee in Dtld: 29.5.68 fliegt de Gaulle zu ihm, um sich in der Maikrise des Rückhalts der Armee zu versichern: der Preis war die Amnestie der Putschisten von 1962 im Jul. 68

René Maublanc : 1891-1960. Komm. Schriftsteller: mit Paulhan ein Vertreter der Haikus (Kurzgedichte) im japan. Stil. In der Résistance: La Pensée libre mit Decour, Politzer, Wallon. Bei ihm fand 1946 ein Treffen zw. Sartre und Garaudy/Mougin zwecks Aussöhnung mit dem PCF statt.

Thierry Maulnier: 1909-88. eigentlich Jacques Talagrand. Journalist, Schriftsteller, Essayist. Absolvent ENS (promotion 1928, zus. mit Vailland und Brasillach). Schrieb für L’Action Française, ab 1941 für den Figaro, ab 44 für Combat. Nach 1945 gab er seine politische Tätigkeit fast ganz auf. Beteiligte sich an der anti-kommunistischen Bewegung um den Congrès pour la liberté de la culture und Les Preuves. Wird gegen 1950 zu einer Art Anti-Sartre. Schrieb 1953 mit La Maison de nuit ein Gegenstück zu Les Mains sales. 1958 für de Gaulle. Mitglied Académie Française 1964.

Claude Mauriac: 1914-96. Sohn von François Mauriac. Schriftsteller, Kritiker. Anhänger von de Gaulle, dessen Sekretär er von 44-49 war. Journalist bei Figaro 1946-77 (später Monde und Matin). Unterstützte ab 1948/50 die Antikommunisten (u.a. den Congrès pour la liberté de la culture 1950 in Berlin). 1949-53 Lt. der Zs. Liberté de l’esprit. Ursprünglich Gaullist, kämpfte er in den 70er Jahren gegen Intoleranz, Rassismus und für die Boat People. Attackierte früher Sartre scharf, beteiligte sich dann jedoch mit Sartre zusammen an Demonstrationen (bspw. 1971 gegen Rassismus, 1972 für bessere Haftbedingungen). War aber gegen jeglichen Terrorismus. Setzte sich 1981 für Solidarnosc ein.

François Mauriac: 1885-1970. Bedeutendster katholischer Romancier des 20. Jahrhunderts. Seit 1933 Mitglied der Académie Française, 1952 Literatur-Nobelpreis. Sehr komplexe Persönlichkeit (christlich und doch offen, Polemiker und Gentleman, gibt sich gutbürgerlich, aber bisexuell mit versteckter homosexueller Komponente). Seine Romane widerspiegeln in ihren Konflikten zwischen Gut und Böse die katholische Ethik, aber auch das südwestfranzösische Grossbürgertum. Katholisch-konservativ: Anhänger de Gaulles, lehnte Cocteau ab, nannte Genet einen Scheisshaufen. Anerkannte moralische Instanz: nahm im Spanischen Bürgerkrieg mehrmals gegen Franco Stellung. 1938 gegen die Wahl Maurras in die Académie Française. Liess sich durch die Pétainisten nur kurzfristig irreführen: publizierte 1941 La Pharisienne (G. Heller gewidmet). Setzte sich während des 2. WK sonst konsequent für die Résistance (u.a. seit Anfang 42 im C.N.E.) ein. Politisch ein Christdemokrat. 1944/5 kritisch gegenüber Säuberungen (von Camus vehement gegen Mauriac verteidigt). Für Begnadigung Brasillachs (Camus unterstützt, nicht jedoch Sartre und Beauvoir). Unterstützte ab 1948/50 die Antikommunisten (u.a. den Congrès pour la liberté de la culture 1950 in Berlin). 1949 aus CNE ausgeschlossen, weil er die jungen, faschistoiden Hussards unterstützte. Schrieb 1952-69 seine bekannten Bloc-Notes (zuerst in Figaro, dann L’Express). Unpopulär wg. Unterstützung der Rückkehr von Mohammed V. nach Marokko (1955; deshalb aus Figaro ausgeschieden). 1964 Hymne über de Gaulle. Sartres Artikel M. François Mauriac et la liberté (1939): eine aufsehenerregende Demontage Mauriacs. Mauriac half Sartre 1947 bei der Verteidigung Nizans. 1949 griff Mauriac heftig Sartre in Zs. Liberté de l’Esprit an. Wenig später tat sich diese Zeitschrift auch im Kampf gegen Le Deuxième sexe hervor.

Charles Maurras: 1868-1952: Schriftsteller. 1938 Wahl in die Académie Française. Katholischer Royalist. Beeinflusst von Barrès, Renan und Anatole France. Anti-Dreyfusard. Seit 1908 Herausgeber der Zeitung L’Action française. Nach dem Tod Barrès bis zur Verurteilung der Action Française 1926 durch den Papst der unbestrittene Führer der Rechtsextremen. Verlor, nachdem er 1934 den „Putsch“ vom 6. Feb. nicht richtig unterstützte, weiter an Bedeutung. 1936 wegen Anstiftung zu einem Attentat auf Ministerpräsident Blum verurteilt. Kollaborateur. Grosser Einfluss auf Pétain, der erklärter Maurrasist war. 1945 zu lebenslänglicher Haft verurteilt, dann 1952 aus medizin. Gründen amnestiert.

Daniel Mayer: 1909-96. Journalist (Populaire des SFIO), sozst. Politiker. Anhänger Blums, ab Jan. 41 in Résistance (Comité d’Action Socialiste). 1943-46 Gen.Sekr. SFIO, 46-49 Minister. Gegen EVG (Europ. Vert.gemeinschaft), Algerienkrieg, de Gaulle, für Israel. 1958 Gründungsmitglied es PSA (dann PSU 1960-67), ab 1970 bei PS. 1958-75 Präs. der Ligue des Droits de l’Homme. Sartre kontaktierte ihn ergebnislos im Sommer 41 für Teilnahme an der Résistance.

Herman Melville: 1819-1891. US-Schriftsteller. Zuerst Seeman. 1941 besprach Sartre sein Werk Moby Dick (1851).

Albert Memmi: 1920-2020, Tunesier jüdischer Herkunft, Schriftsteller (u.a Roman La Statue du sel 1953 mit Vorwort von Camus) und Soziologe. Studierte Philosophie (Sorbonne), Seit 1956 in Paris: Mitarbeit im CNRS, Ecole des hautes études commericales, HEC, seit 1970 Professor für Kultursoziologie (Nanterre). Engagierte sich gegen Rassismus und Antisemitismus, aber auch für die Laizität. Veröffentlichte 1957 Portrait du colonisé, précédé du portrait du colonisateur, zu dem Sartre ein Vorwort verfasste. Der Kolonialismus ist für ihn ein pyramidales System, das auf ökonomischen Privilegien und der Ausbeutung der breiten Masse von Einheimischen mittels Rassismus und Terror basiert. Die Kolonisatoren, die sich aufgrund der Ausbeutung in den Kolonien einen viel höheren Lebensstandard leisten können als im Mutterland, herrschen auch durch assimilierte Mittelschichten. Die ausgebeuteten Massen verbleiben in Armut und in hoher Geburtsrate. Da die Kolonisatoren die Assimilation der breiten Massen nicht zulassen, verbleibt denen nur die Revolution als Ausweg, z.T. verbunden mit religiösem Hintergrund. Rassismus als eine Art von Heterophobie (neben Xenophobie, Islamophobie, Homophobie).

Pierre Mendès France: 1907-82. Politiker. Jüdischer Herkunft. In den 20er Jahren einer der wenigen Studenten, der an der Rechtsfakultät gegen Action Française und Jeunesses Patriotes war. In den 30er Jahren als einer der Jungtürken für die Reform der Radikalsozialistischen Partei. Ministerpräsident 1954/55. Vertreter der linken Radikalsozialisten. Mit den von ihm als Unterstaatssekretär vorgeschlagenen Wirtschaftsmassnahmen verantwortlich für den Fall Blums 1938. Aktiv in der Résistance, dann Minister unter de Gaulle. Konnte sich in der Kolonialpolitik mit einer gemässigt-fortschrittlichen Linie, die auch vom Express, Mauriac und Malraux unterstützt wurde, nicht durchsetzen, obwohl er die fortschrittlichen Katholiken um sich scharen konnte. Aber Friede in Genf für Vietnam 1954, vermied Kolonialkrieg in Tunesien. Beitritt Deutschlands zur NATO. Stürzte über Algerienkrise. 1956 der von ihm zusammengefügte Front Républicain der nicht-kommunistischen Linke gewann die Wahlen, doch Mollet statt Mendès France wurde Ministerpräsident. Er demissionierte noch 1956 wegen Algerienpolitik. Verliess 1957 den Parti radical. 1958 gegen de Gaulle. Schloss sich zuerst dem PSA, dann PSU an. Unterstützte 1965/74/81 Mitterrand.

Maurice Merleau-Ponty: 1908-1961. In Beauvoirs Memoiren Jean Pradelle. Philosoph. ENS-Student (promotion 1926) im Jahrgang Beauvoirs, die 1927 in ihn verliebt war: bis 1929 ihr bester Schulkollege. 1929 in Zaza, Beauvoirs Freundin, verliebt: die Eltern lehnten Heirat ab, da Merleau ein illegitimes Kind war (Beauvoir erfuhr wahren Grund erst 1959; warf bis dann Zazas Tod immer Merleau vor: deshalb schlechte Beziehung zw. den beiden). Damals kath.-trad.. In den 30 Jahren bei kath. Personalisten um Mounier (Mitarbeit bei Esprit). 1935 Hegel-Vorlesung bei Kojève, anschliessend Marx-Studium. 1935-39 Repetitor an der ENS. 1939/40 Militärdienst. 1940-44 an Lycée Carnot, 1944/45 am Lycée Condorcet. Beschäftigte sich mit Phänomenologie: La Structure du comportement (1942), Phénoménologie de la perception (1945; Diss.): Merleau-Ponty lehnte Sartres Subjekt-Objekt-Dualismus ab; betonte den Leib als Verankerung des Menschen in der Situation. 1940 in Sartres Widerstandsgruppe Socialisme et liberté. 1945-48 Phil.-Prof. in Lyon, 49-52 an der Sorbonne (Kinderpsychologie). War 1945-52 Sartres politisches Gewissen (pro-komm.), de facto Chefred. der TM. In Le Yogi et le prolétaire (1946; gegen Koestler), Humanisme et terreur (1947) und Les Jours de notre vie (1950): Kritik an Kommunisten nur aus pro-komm. Perspektive (darüber Streit mit Camus 1946/47: Distanzierung zw. Camus und Sartre). Entfernte sich von Kommunisten mit Beginn des Koreakriegs 1950. 1952 Bruch zw. Sartre und Merleau, der definitiv aus der TM austritt (Grund: Sartres les communistes et la paix, die dieser ohne Vorankündigung bei Merleau in der TM publizierte, aber auch ein Artikel von Naville, den Merleau nur mit einem Vorwort publizieren wollte, das Sartre unterdrückte). Kritisierte 1955 Sartres „Ultrabolschewismus“ (Sartres Parteiverständnis) in Les Aventures de la dialectique. 1952 Prof. am Collège de France. Protegierte Lefort. 1960 Redaktion eines im Vergleich zum Manifeste des 121 schwächer gefassten Manifests gegen den Algerienkrieg (unterzeichnet u.a. durch Aron). Persönlich nie enge Beziehungen zwischen Merleau-Ponty und Sartre. Trotzdem hervorragende Hommage Sartres für den toten Merleau-Ponty in Merleau-Ponty vivant.

Ahmed Ben Messali Hadj: 1898-1974, algerischer Politiker und Unabhängigkeitskämpfer, Vater der algerischen Unabhängigkeitsbewegung. Mitglied des Étoile nord-africaine (gegr. 1926). Gründete 1937 die erste algerische Partei (Parti du Peuple Algérien PPA), 1954 das Mouvement National Agérien (MNA), das der FLN ebenso hart bekämpft wie die französische Kolonialmacht. War eher revolutionär-sozst und weniger nationalistisch ausgerichtet als der FLN. 1957 gegen Attentate. Unterstützte 1958 de Gaulles Vorschläge zur Befriedung. Verlor jeglichen Einfluss gegen FLN.

Jean Meyer: 1914-2003. Theater-/Film-Schauspieler und Regisseur. Führte Regie bei Uraufführung von Nekrassov 1955 (im Auftrag Berriaus).

Georges Michel: 1928-2005. Schriftsteller. Zuerst Uhrmacher, wurde von Sartre als Schriftsteller entdeckt. Sartre schrieb Vorwort zu La Promenade du dimanche (1965). Befreundet bis zu Sartres Tod.

Adam Michnik: 1946-. Pole jüdischer Herkunft. Linker Dissident in der VR Polen, politischer Publizist. 1968 politisch verfolgt. Ab 1980 Berater von Solidarność: erneut politisch verfolgt. Seit 1989 Chefred. der linksliberalen Gazeta Wyborcza. Erhielt 1976 aufgrund von Sartres Intervention eine Ausreiseerlaubnis für Besuche in Westeuropa (u.a. auch bei Sartre).

Arthur Miller: 1915-2005. US-Schriftsteller jüdischer Herkunft (Death of a Salesman, 1949, The Crucible, 1953). In den 30er pro-kommunistisch. In den 40er von Sartre beeinflusst. Versuchte vergeblich 1948 Sartre in Paris in der Montana Bar zu treffen, waren anschließend zusammen auf einem Schriftstellertreffen. Sartre schrieb eine Filmfassung von The Crucible unter dem Titel Les Sorcières de Salem (1957), produziert von Raymond Rouleau. Miller wird Sartres Drehbuch später als zu marxistisch beurteilen. Miller wurde selbst zum Opfer des House Un-American Activities Committee (1956/57), als er einen Reisepass beantragte: wurde 1957 vom Gericht wegen Missachtung des Kongresses verurteilt, weil er keine Namen nennen wollte: Urteil 1958 aufgehoben. Aktiv im PEN dabei, u.a. 1965-69 als Präsident (unwissentlich vom CIA als Instrument benutzt). Seine Werke, vorher oft gespielt, wurden 1969 in der UdSSR verboten, nachdem er sich für Dissidente eingesetzt hatte.

Henry Miller: 1891-1980. US-Schriftsteller. Lebte von 1930-39 in Paris. Seine sexuell expliziten Werke Tropic of Cancer (1934) und Tropic of Capricorn (1939) durften in den USA erst 1964 erscheinen. Als die Werke 1947 in Frankreich auf Französisch erschienen, gab es einen grossen Skandal. Sartre half dem Komitee zur Verteidigung Millers.

C.(harles) Wright Mills: 1916-62. Linker US-Soziologe. Von Weber, Marx und Veblen beeinflusst. 1945-62 an Columbia-Universität. 1960 Besuch in Kuba; lebte 1961/62 in der UdSSR und Westeuropa. In White Collar: The American Middle Classes (1951) war der neuen Mittelschicht gewidmet, die in Büros arbeitet. In The Power Elite (1956) zeigt er die neue Elite in Politik, Militär und Wirtschaft, mit ihrem gemeinsamen kulturellen und Bildungshintergrund (Vorläufer von Bourdieu). Prägte den Begriff New Left. Anhänger der kubanischen Revolution. Hatte deshalb grössere Schwierigkeiten in den USA und lebte zeitweise in Paris, wo er sich 1961 mit Sartre befreundete.

Robert Minder: 1902-80; Elsässer. 1921-26 ENS (Deutsch). 1923 Mitbegründer der Groupe d’information internationale an der ENS, die Tucholsky, Th. und H. Mann, von Hofmannsthal an die ENS einlud. 1925 Bekanntschaft mit Alfred Adler, mit dessen Psychologie er sich intensiv beschäftigte. Germanist in Grenoble 1926-33 und wieder 1940-45. Ab 1933 und wieder 1945 in Nancy. 1948 Mitbegründer des Comité français d’échanges avec l’Allemagne nouvelle 1951-57 an Sorbonne, 1957-74 am Collège de France. Ehemann von C. Audry (39-45). Gen.sekr. der Association française des amis d’Albert Schweitzer (ab 1919 Kontakt zu Albert Schweitzer). Gefördert von Andler; befreundet mit Döblin. Bekannt mit Albert Schweitzer: nahm an Familientreffen der Schweitzers im Elsass teil, über die er Sartre berichtete. Sartres Les mots seien dessen Rache am Grossvater.

Yves Mirande: 1875-1957. Drehbuchautor, Begleiter von Simone Berriau. Von Sartre während der Zusammenarbeit mit Berriau geschätzt.

Robert Misrahi: 1926-. Philosoph (Spinoza-Spezialist). Seit 1965 an der Sorbonne: 1975-94 Prof. für Ethik und polit. Philosophie. Setzte sich für den Dialog im Nahen Osten ein. Ehemaliger Schüler Sartres am Lycée Condorcet (zusammen mit seinem Freund, dem Architekten Jean Balladur, dem Cousin des ehem. franz. Premierministers Balladur). Existentialist und Zionist. Mitglied der Stern-Gruppe. War verhaftet worden, weil bei ihm Waffen und Sprengstoff gefunden worden waren. Sartre sagte 1948 zu seinen Gunsten aus. Sartre finanzierte ihm teilweise sein Doktorat. Befreundet mit Cl. Lanzmann.

François Mitterrand: 1916-96. Präsident 1981-95. In der Jugendzeit rechtsextrem (Anhänger von Doriot). Arbeitete 1942 für die Vichy-Regierung (u.a. Freund von Bousquet, dem Polizeichef der Vichy-Regierung; Mitterrand verhinderte später als Präsident jahrelang den Prozess gegen Papon). Ab 43 in der Résistance an (Ende 43 Flucht nach London). 1945 Mitgl. der kleinen Union démocratique et socialiste de la Résistance (UDSR): mehrfacher Minister und Staatssekretär (u.a. 56-57 Justizminister: lehnte alle Begnadigungsgesuche von zum Tode verurteilten FLN-Mitgliedern ab). 1958 gegen de Gaulle. Gründete 1965 (bis 69) Fédération de la gauche démocrate et socialiste (aus SFIO, Parti radical-socialiste und UDSR), verliert jedoch Wahlen (Kandidat gegen Defferre, der von Mollet unterstützt wurde). 1969 Neugründung des PS aus SFIO und verschiedenen sozialistischen Bewegungen. 1971 1. Sekretär des PS. Unterzeichnete 1972 Programme Commun mit PCF. 1081 Präsident gegen Giscard: leitete sofort sozst. Poltik ein (u.a. viele Nationalisierungen), die jedoch weitgehend wieder zurückgenommen werden musste: anschliessend Politik im Stile Louis XIV und de Gaulles. Sartre hielt nichts von Mitterrand: 1965 mit Vorbehalten für Mitterrand, 1974 gegen ihn (Beauvoir dafür).