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Sartres Zeitgenossen — Kurzbiographien Mo–R

Ivan Moffat: 1918-2002. Amerikan. Drehbuchautor und Filmproduzent. Bisexuell. In den Memoiren Jack genannt. Heiratete als G.I. in Paris 1946 Nathalie Sorokine. 1955 Scheidung.

Guy Mollet: 1905-75. Sozialist. Generalsekretär des SFIO 1946-69. Ministerpräsident 1956-57, als solcher verantwortlich für das Debakel am Suezkanal. 1958 zuerst unter de Gaulle Minister, bevor er 1959 in die Opposition übertrat.

Pierre Monatte: 1881-1960. (Anarcho-)Syndikalist. Gründete 1909 die Zs. La Vie ouvrière. 1923 Mitglied PCF, 1924 ausgeschlossen. Hernach nicht mehr mit Partei liiert. Oft zusammen mit Rosmer.

Arnoldo Mondadori: 1889-1971. Ital. Verleger (seit 1907). Seit 1946 Verleger Sartres in Italien (auf Vermittlung von Vittorini). Sein Verlag wurde 1991 von Berlusconis Fininvest gekauft.

Jean Monnet: 1888-1979. Politiker, Unternehmer. In Zwischenkriegszeit tätig u.a. beim Völkerbund, während des 2. WK u.a. für Wirt.versorgung der Alliierten. 1946-52 Leiter des Planungsamts (Commissaire au Plan). Pro-Europäer: entwickelte 1950 Idee einer westeurop. Montanindustrie (Vorläufer Europ. Union, 1950 als Schuman-Plan verkündet). 1952-55 1. Präsident der EGKS (Montanunion). Gegner de Gaulles (unterstützte während 2. WK die Angelsachsen und Giraud; 1952 für EVG)

Adrienne Monnier: 1892-1955. Führte ab 1915 an der rue de l’Odéon 7 die Buchhandlung Maison des Amis des Livres: Zentrum der Intellektuellen: Gide, Valéry, Breton, Jules Romain, Duhamel, Schlumberger, Jacques Prévert etc., aber auch Rilke, Joyce, Hemingway. War mit vielen von ihnen eng befreundet (u.a. Romains, Valéry, Gide, Joyce). Viele Besucher: u.a. auch Sartre, Malraux, Camus, Aragon, Beauvoir (regelmässig während Studentenzeit). Lesbierin: mit Sylvia Beach (1887-1962) befreundet: Buchladen Shakespeare and Company (1919-41 ; seit 1921 an 12 rue de l’Odéon): Mittelpunkt der englischsprachigen Community: James Joyce, Hemingway, Scott Fitzgerald. Befreundet mit Gisèle Freund (stellte ihre Sartre-Fotos dort im Januar 40 aus). Hielt schon vor dem Zweiten Weltkrieg viel von Sartre, den sie mit Gide bekannt machte. In einem Brief an Gide vom April 42 stellte sie Sartres Standpunkt, wie er in La Nausée und den Novellen dargestellt ist, als typisch für die damalige Jugend dar.

Yves Montand: 1921-91. Eigentlich Ivo Livi. Italienischer Herkunft, 29 eingebürgert. Sänger, Filmschauspieler mit Erfolgen auch in Hollywood und Broadway. Langjährig verheiratet mit Simone Signoret (1951 bis zu deren Tod 1985) trotz vielen Affären (u.a. mit Marilyn Monroe). 44-46 mit Edith Piaf. Sohn eines Kommunisten stand Montand links: 1950 Unterzeichnung des Stockholm-Appells. Ging nach 1956 auf Distanz zum PCF (trat jedoch immer noch im Ostblock auf), 1968 Bruch. In den 80er Jahren für Menschenrechte (u.a. Solidarnosc) und gegen Front National. Befreundet u.a. mit Serge Reggiani, Pierre Brasseur, Jorge Semprún. 1954 mit Signoret in Les Sorcières de Salem nach einem Drehbuch Sartres.

Monteil: cf. Serre

Henry de Montherlant: 1895-1972 (Selbstmord). Schriftsteller. Mitgl. Académie Française (1960-72). Homosexuell. Beeinflusst von Nietzsche und Barrès. Befreundet mit R. Peyrefitte, doch in Gegensatz zu diesem versteckter Homosexueller (Les Garçons erst 1969 veröffentlicht). Bewunderte die mediterrane Kultur (reiste und lebte sogar vorübergehend in N-Afrika), vertrat in Le Solstice de Juin (1941) die Idee, dass Frankreich zurecht von den Nazis besiegt wurde sowie Mitarbeit bei NRF und La Gerbe: nach der Befreiung trotzdem nicht verurteilt, obwohl 1945 auf der Schwarzen Liste der Schriftstellers des CNE.

Paul Morand: 1888-1976. Schriftsteller, Diplomat (1913-45). Homosexuell. Als Jugendlicher befreundet mit Giraudoux und Proust. Kehrt 1940 aus London zurück und ist gegen Résistance. Botschafter für Pétain u.a. in der Schweiz, wo er bis 1953 im Exil ist. 1945 auf der Schwarzen Liste des CNE der Schriftsteller. Mit Chardonne Patron der Hussards (anti-existenzialist., anti-Sartre; Nimier). 1968 Mitgl. Académie Française.

Alberto Moravia: 1907-90. Italien. Schriftsteller. Jüdische Herkunft. Kommunistischer Abgeordneter im Europaparlament. Europäer, Gegner der Atomwaffe, Grüner. Bekannter von Sartre seit 46. Pasolini war sein bester Freund.

Albert Morel: 1908-??. Pelote genannt. Eingeführt durch Guille, war Sartre während der ENS sein tapir, d.h. Nachhilfelehrer. Sartre widmete ihm L’Imaginaire. Lebte später in Argentinien.

Jacqueline Morel: Mops genannt, verh. Isorni., Tochter von Louise Morel.

Louise Morel: -1964; „diese Dame“ genannt, in den Memoiren Madame Lemaire. In Argentinien geboren. Tochter von Franzosen, Mutter von Albert und Jacqueline Morel. Befreundete sich während der ENS-Zeit mit Guille, Maheu und Sartre. Wohnte in Paris am Bd. Raspail. Ca. 20 J. älter als Sartre. Sartre, Beauvoir und sie trafen sich bis in die 50er Jahre sehr häufig. Sie war sehr selbständig, fuhr u.a. auch Auto. Ihr reicher Ehemann Albert besass ein Haus in La Pouèze bei Angers, wo Sartre, Beauvoir und die andern oft zu Besuch waren. Im Sommer trafen sie sich auch oft in Juan-les-Pins, wo Frau Morel von ihrem Vater eine Villa geerbt hatte. Ihr Ehemann, Arzt von Beruf, verliess seit dem Ende des Ersten Weltkriegs nicht mehr sein Zimmer. Mit Guille und Beauvoir hatte sie sicher sexuelle Beziehungen, mit Sartre nur wahrscheinlich. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als Mme Morel meist in La Pouèze wohnte, lockerten sich die Beziehungen stark. Ihre Stellungnahme für ein französisches Algerien führte zum fast vollständigen Abbruch der Beziehungen zwischen Sartre und ihr.

Claude Morgan: Pseudonym von Claude Lecomte. 1898-1980. Schriftsteller. Kommunist. 1939 besprach Sartre sein Werk Le Fleuve étincelant. 1942-53 Chefredakteur der Lettres Françaises. 1944/45 für drastische Säuberungen; vermittelte anonsten oft zw. PCF und Intellektuellen. Kritiker des Ungarneinmarsches 1956: unterzeichnete Manifest mit Sartre, Vercors, Vailland und Roy. 1957 aus PCF ausgeschlossen.

Paul Morihien: 1917-. Freund von Marais, der ihn bei Cocteau einführte (auch dessen Freund und gleichzeitig Sekretär). Nach Kriegsende Buchverleger (u.a. Cocteau, v.a. Genet). Sartres Verleger von Réflexions sur la question juive.

Edgar Morin: 1921-. Eigentlich Edgar Nahoum. Philosoph, Soziologe. Sohn griechischer Juden. 1941-51 Mitgl. des PCF (ausgeschlossen). Gründete 1954 die Zs. Arguments (zwischen TM und Esprit). Engagierte sich früh (1955 im Comité d’action contre la poursuite de la guerre en Afrique du Nord) gegen Algerienkrieg. Nach 1968 den Selbstverwaltungsideen von Castoriadis/Lefort nahe. Sah in Journal de Californie 1971 in den Hippies und Yippies die einzigen richtigen Revolutionäre. Lt. der Zs. Communciations (1972-). Setzte sich 1981 für Solidarnosc ein.

Henri Mougin: 1888(?)-1946. Komm. Philosoph (Prof.): beschäftigte sich u.a. mit Heidegger, den Existentialisten. Apr. 46: Sartre ist von Heidegger beeinflusst und Heidegger ist ein Nazi. Veröff. 1947 La Sainte famille existentialiste: Existentialismus als Idealismus. Mougin nahm 1946 mit Garaudy als Vertreter des PCF an einem „Versöhnungstreffen“ mit Sartre teil: kritisierte jedoch nur Sartre.

Marcel Mouloudji: 1922-94. Schauspieler, Dichter, vor allem Chansonnier (Lieder von Vian, Prévert). Vater alger. Berber. Schon 1936 erste Auftritte als Chansonnier, 1937 als Schauspieler. Schon im jugendlichen Alter Filmrollen. Vor allem von J. Prévert, M. Duhamel und deren Freunden protegiert. Politisch schon als jugendlicher links. Sartre und Beauvoir lernten Mouloudji durch Olga kennen (gemeinsam bei Dullin auf der Theaterschule). Verheiratet mit Louise Fouquet alias Lola 1943-69. Gehörte in den 40er Jahren zur engeren Familie von Sartre; befreundet mit Wanda, auch Sorokine; erhielt im Feb. 1944 auf Betreiben Sartres den Prix de la Pléiade für Enrico.

Emmanuel Mounier: 1905-50. Kath. Philosoph, Schriftsteller und Journalist. Phil.studium in Grenoble und an Sorbonne. 1928 2. in der Agrégation nach Aron. Vertreter des Personalismus, der wie die dialogische Philosophie Bubers oder Rosenzweigs dem Existentialismus nahesteht. Gründer (1932) und Leiter von Esprit. In der Résistance. Gegen nationalistische Massaker im Spanischen Bürgerkrieg. Veröffentlicht 1947 Introduction aux existentialismes. Nahm nach dem Krieg eine pro-kommunistische Haltung ein, auch in Fragen des Gulag, brach jedoch 1949 mit dem PCF über die Tito-Frage. Zusammen mit dem Soziologen Alfred Grosser gründete er 1948 Comité français d’échanges avec l’Allemagne nouvelle, an dem auch Sartre teilnahm.

Vladimir Vladimirovitch Nabokov: 1899-1977. Russe und Amerikaner. Schriftsteller (Lolita,1955). 1939 besprach Sartre sein Werk La Méprise.

Maurice Nadeau, 1911-2013. Journalist (u.a. Temps Modernes, Combat, Observateur, Express, Figaro, France Culture), Herausgeber, Literaturkritiker. Zuerst Trotzkist (mit Naville), dann mit Sartre im RDR. Zusammen mit Blanchot Autor des Manifests der 121. Arbeitete 1941 kurz in Sartres 50-köpfiger Widerstandsgruppe Socialisme et liberté mit. Mit Claude-Edmonde Magny 1947 Urheber des Komitees zur Verteidigung von Millers Werk gegen die Anschuldigung der Pornographie (Sartre auch Mitglied)..

Louis Nagel: eigentl. Lajos Nemes-Nágel. 1908-96. Franz.-Schweiz-Ungar. Verleger. In Ungarn geb., 1939 nach Frankreich emigriert, dann in die Schweiz.: Sartre publizierte bei ihm mehrere Werke. Sartres Verhältnis zu Nagel war wegen charakterlicher Inkompatibilität immer gestört, da Nagel für Sartre zu geschäftstüchtig und zu genau war. War zusammen mit Beauvoir und Sartre 1947 in London. Sartre machte Nagel für die Verzerrungen in der Aufführung von Les Mains sales in New York verantwortlich.

Pierre Naville, 1904-93, Schriftsteller, Soziologe. Studierte an Sorbonne (befreundet mit H. Lefebvre, Politzer). Bis 1929 Surrealist: mit Soupault, Aragon, Jacob, Breton: Mitbegründer der Zs. La Révolution surréaliste 1924. Ab 1926 Mitglied des PCF (Hg. von Clarté), 1928 als Trotzkist ausgeschlossen. Ermunterte Trotskij, den er 1927 mit Rosenthal traf, zur Wohnsitznahme in Frankreich; in Führung der Ligue Communiste, dann des Parti Ouvrier Internationaliste. 1939 Bruch mit PSIO/IV. Intl, da gegen Entrismus (in PSOP). Ab 1947 Forschungslt. am CNRS: vertrat behavioristische Psycho-Soziologie. Gründungsmitglied des PSU, blieb entgegen Martinet und Rocard Gegner Mitterrands. 1945/46 einer der Gegner Sartres. Ergriff 1945 das Wort an Sartres Vortrag L’existentialisme est-il un humanisme?, wo er eine szientifistisch-positivistische Haltung einnahm. 1952 führt sein Text Les États-Unis et les contradictions capitalistes zum Streit zwischen Sartre und Merleau. 1956 führten Naville und Sartre einen Schlagabtausch im Zusammenhang mit der Affäre Hervé (Le Réformisme et les fétiches : Sartres Kritik an der Unterdrückung der Diskussion durch den PCF).

Rupert Neudeck: 1939-2016. Deutscher Journalist (v.a. Radio). Vorübergehend Jesuit, promovierte über Ethik bei Sartre und Camus. Friedenspolit. engagiert: bei Cap Anamur (u.a. Rettung von Boat People, (vietnam. Flüchtlingen auf See 1979-86). Interviewte Sartre 1979.

Friedrich Nietzsche: 1844-1900. Deutscher Philosoph: für eine Umwertung aller Werte, Kritiker der konventionellen Moral, Atheist. Vorläufer der Existenzphilosophie. Beeinflusste auch viele Strukturalisten. Sartre beschäftigte sich mit ihm in der Zeit der ENS: durch Nietzsche beeinflusste Arbeiten: Une Défaite. In Aller et retour sagte Sartre aber 1944, dass Nietzsche gar kein Philosoph sei.

Henriette Nizan: 1907-1993. gen. Rirette, geb. Alphen, verheiratet mit Paul Nizan (seit 1927). Jüdin. Cousine von Cl. Lévi-Strauss. 4 Kinder: Anne-Marie (1928-85, verheiratet mit Olivier Todd; da sie noch minderjährig war, musste Sartre als Vormund ihrer Heirat zustimmen, an der er als Trauzeuge teilnahm; Mutter von Emmanuel Todd, *1951) und Patrick (*1930) von Paul Nizan (Sartre war deren Vormund seit dem Tod Nizans) und unehelich Thierry (*1946, von Stéphane Pizella, den Sartre mit Rirette bekannt machte, als er als Journalist 1945 in New York war), Jean-Pierre (von Émile Cerquant, 1950). Studierte Philosophie an der Sorbonne. Flüchtete 1940 nach New York (dort u.a. mit F. Léger, Cl. Lévi-Strauss, Calder, Henry Miller: vermittelte Sartre 1945 Kontakte), 1943 in Hollywood (Synchronisierungen auf Franz.), Feb.-Jul. 45 wieder in New York, dann wieder Paris: wenig Kontakt mit Sartre, arbeitet als Journalistin (u.a. Franc-Tireur, France-Soir). Engagierte sich auf Seiten der Feministinnen (1971 Manifest der 343).

Paul(-Yves) Nizan: 1905-40 (gefallen). Schriftsteller, Journalist. Sartres bester Freund (ab 1917) an Lycée, Khâgne und ENS (hier auch mit Aron, Wagner befreundet). Vater Manager aus bretonischem Arbeitermilieu. Reiste im Gegensatz zu Sartre schon früh und häufig ins Ausland (1925 Italien, 1931 Griechenland): 1926/27 nach Aden (6 Mt.): als Privatlehrer und rechte Hand eines franz. Managers: statt für eine Wirt.karriere entscheidet sich Nizan für die Geisteswiss.. 1927 Heirat von Henriette Alphen (traf sie 1924 am ENS-Ball; Sartre und Aron als Trauzeugen; Heirat wg. Schwangerschaft). Nach der Rückkehr wurde er Mitglied des PCF 1927, nachdem er zuvor auch mit dem Protestantismus und der Action Française geliebäugelt hatte (Herbst 1925 2 Mt. bei Valois’ Faisceau: schwankte 1925 zw. Valois und Kommunisten; Nizan schrieb sogar einen Beitrag für deren Zeitschrift Les Faisceaux in deren einzigen Nummer): 1928-29 Zusammenarbeit mit Morhange, Politzer, H. Lefebvre. G. Friedmann, N. Gutermann in Gruppe Philosophies (Marxismus + Psychoanalyse) und deren Zs. Revue marxiste. Obwohl kein Theoretiker, ist Nizan ein orthodoxer Marxist, dem aber als Intellektuellem von Seiten der Partei immer mit Misstrauen begegnet wird. 1929 Agrégation mit Sartre. 1929-31 Militärdienst mit Sartre. 1931 bei Zs. Bifur (Jun. 31 alleinverantwort. für die letzte Nr.; dorthin gesandt im Auftrag der Partei; neben Beitrag von Sartre wird auch Heideggers Was ist Metaphysik? publiziert). Versucht im Mrz. 31 im Auftrag Thorez’ vergeblich, Barbusse aus Monde hinauszudrängen und die Zs. auf orthodoxen Kurs zu bringen. Freundschaft mit Gebr. Prévert. 1931/32 Lehrer in Bourg-en-Bresse: dort erfolglos komm. Parl.kand. 1933 vollamtlicher PCF-Funktionär: Mitarbeiter von Aragon (doch trotz langer Zus.arbeit nie Freundschaft): zus. mit Aragon Herausgeber von Commune, der Zs. der AEAR, 1934/35 in Moskau am Marx-Engels-Institut an unbedeutender Stelle: befreundete sich mit Malraux an Schriftstellerkongress Aug. 34: bis 2. WK den Malraux’ näher als Sartre/Beauvoir. Komm. Journalist (1935-37 L’Humanité, 1937-39 Ce Soir mit Bloch und Aragon: zuständig für Aussenpolitik) : u.a. Kritik an Gides Retour de l’URSS. 1935 führend am Congrès international des écrivains pour la défense de la culture in Paris beteiligt. Der Hitler-Stalin-Pakt führte zu seinem Austritt aus dem PCF 1939. Thorez und Aragon bezeichnete ihn als einen Verräter: die Verleumdungsaktionen hielten bis über 1947 hinaus an: Lefebvre brachte ihn 1946 mit Verrat und Faschismus zusammen, Aragon nannte ihn einen Polizeispitzel (noch 1949 als Polizist Orfilat in seinem Roman Les Communistes: erst 1966 korrigiert): 1947 Aktion Sartres dagegen (mit Beauvoir, Breton, Camus, Aron, Merleau, Parain, Paulhan, Leiris,m Soupault, Guéhenno, F. Mauriac, Maheu). Früher ein erfolgreicher Schriftsteller als Sartre: 1931 Aden Arabie, 1932 Les Chiens de garde (gegen Autoritäten wie Bergson, Brunschvicg), 1933 Antoine Bloyé (Thema Klassenverrat; 1. franz. Roman im Stil des sozst. Realismus), 1935 Le Cheval de Troie, 1938 La Conspiration (mit Bataillonskommandant Sartre als Antwort auf den Gendarmen Nizan in Le Mur; besprochen durch Sartre und Camus; keine Gratulation des PCF): der PCF stand kritisch zu Nizans lit. Schaffen. Nizan versuchte Sartre bei dessen literarischen Karriere zu helfen (versuchte La Légende de la vérite bei Europe zu platzieren, veröffentlichte Teile davon anschliessend in Bifur; versuchte La Nausée bei Gallimard über Malraux zu platzieren; Besprechung von La Nausée in Ce Soir). Zur Neuauflage von Aden Arabie 1960 verfasste Sartre ein bemerkenswertes Vorwort. Letztes Treffen Nizan/Sartre in Marseille Ende Aug. 39.

Robert Nogrette: 1909-??. 1972 Personaldirektor bei Renault in Billancourt. Als Reaktion auf Ermordung Overneys am 8.3.72 von Mitglieder der GP/Nouvelle Résistance Populaire entführt; am 10.3. wieder freigelassen.

Pierre Nora: 1931-. Historiker (Tradition der Annales: Geschichte der Mentalitäten), 65-77 Unterricht an Institut d’études politiques, seit 77 Studiendirektor an EHESS. Seit 65 bei Gallimard tätig: gibt heraus Aron, Dumézil, Foucault, Furet, Le Roy Ladurie, Polanyi. Antikommunist: weigert sich ein Buch von Hobsbawm zu verlegen. Gründet 1980 die Zs. Le Débat (anti-Sartre). 2001 Mitglied der Académie Française.

Albert Ollivier: 1915-64. Historiker. 1937-39 Sekretär von Gaston Gallimard und Lektor der NRF. Kodirektor mit Camus bei Combat 1944-47. 1945 Mitglied der Redaktion der TM: schied jedoch 1945 aus der Redaktion aus, weil er sich den Gaullisten anschloss. 1948 Direktor von Le Rassemblement, der Publikation des RPF. Nach der Machtübernahme de Gaules 1958 wurde Ollivier zuerst Informationsdirektor, dann Programmdirektor des französischen Radio und Fernsehens ORTF

Jean Orcel: 1896-1978. Mineraloge, ab 1937 Prof., am Muséum national de l’histoire naturelle in Paris. Nahm 1962 am Streitgespräch mit Sartre u.a. über Dialektik teil.

George Orwell: 1903-50. eigentlich Eric Arthur Blair. Journalist, Schriftsteller. 1922-27 im kolonialen Polizeidienst in Burma. Engagierte sich 1936/37 bei den linkssozst. POUM im Span. Bürgerkrieg : entrann knapp den Kommunisten. Wurde zum Antikommunisten: schrieb Animal Farm (1945) und Nineteen Eighty-Four (1949).

Pierre Overney: 1948-1972. Militanter Maoist der GP. Zuerst wg. polit. Tätigkeit von Renault entalssen, wird er bei Protest vor Renault-Werk in Billancourt von Antoine Tramoni (Chef der Werksicherheit, ehem. Algerienkämpfer; am 23.3.77 durch Mitgl. der NAPAP/Noyaux armés pour l'autonomie populaire, militante ex-GP, ermordet) am 25.2.72 erschossen. Löste grosse Proteste aus: Teilnahme Sartres (auch an dessen Begräbnis); Entführung Nogrettes (stv. Lt. für 8.3.72 (freigelassen am 10.3.); PCF nimmt gegen Maoisten Stellung

Enzo Paci: 1911-76. Ital. existenzialist. Philosoph. Phil.prof. (Pavia 1951, Milano 1958). Gründer der Zs. Aut Aut (1951). Informierte Sartre am 15.10.64, dass er möglicher Kandidat für den Lit.nobelpreis sei.

Heberto Padilla: 1932-2000. Kuban. Dichter. Ab 1966 Kritiker der stalinistischen Kulturpolitik Kubas. 1968 unter Hausarrest (Kritik an Kuba und Fidel in preisgekröntem Buch Fuero del Juego).1971 als Konterrevolutionär verhaftet: erst freigelassen, nachdem er René Dumont und K.S. Karol als Agenten des CIA beschuldigt hatte (diese hatten sich 1970 für mehr Selbstbestimmung und weniger Bürokratie auf Kuba eingesetzt). Sartre setzte sich u.a. mit Goytisolo, Semprún, Fuentes, Moravia und Vargas Llosa für seine Freilassung ein: definitiver Bruch Sartres mit Kuba. Emigrierte 1980.

Marcel Pagliero: 1907-80. Regisseur, Drehbuchautor, Schauspieler. U.a. Regie von La P... respectueuse (1952 mit Brabant, Drehbuch von Bost/Astruc nach J.-P. Sartre), spielte in Les Jeux sont faits (Film von Delannoy, 1947)

Paul Painlevé: 1863-1933. Mathematiker, Politiker (unabh. Sozialist). ENS. Ministerpräsident 1917 und 1925, mehrfach Kriegsminister. War 1925 an Schülerrevue an der ENS mit Sartre dabei.

Albert Palle: 1916-2007. Schriftsteller (Prix Renaudot 1959 für L’Expérience), Journalist (Combat, France Dimanche, Elle; Alias: Stanislas Fontaine). Ehemaliger Schüler von Sartre aus Le Havre, mit dem Sartre öfters ausging. Freund von Bost. Hatte ein Verhältnis mit Zuorro. Ging während des Krieges nach England; sprang 1944 mit dem Fallschirm als Kampfsoldat wieder über Frankreich ab.

Nico Papatakis: 1918-2010. Regisseur. Griechischer Herkunft, in Äthiopien geboren, seit 1939 in Paris. Bekannt mit Breton, Sartre, Genet, Prevert. Hatte 1940 eine Affäre mit Olga Kosakiewicz. 1947-52 Gründer und Leiter des Cabaret La Rose rouge. Entdeckte Juliette Gréco. Produzierte 1951 Le Chant d’amour, ein homosexueller Film von Genet. Les Abysses, eine Anpassung von Genets Les Bonnes, ist 1962 sein erster langer Film: heftige Kritik: von Sartre (Artikel im Monde) , Beauvoir, Prévert und Breton verteidigt. Gloria Mundi ist 1975 ein Film gegen die Folter während des Algerienkriegs. Engagiert sich politisch gegen die Obristen in Athen.

Maurice Papon: 1910-2007. kollaborierte während des 2. Weltkrieges mit den Deutschen bei der Verfolgung der Juden: erst 1998 wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 10 Jahren Haft vrurteilt. 1947 Präfekt auf Korsika. 1958 von de Gaulle zum Polizeipräfekten in Paris ernannt. Verantwortlich für das Massaker an algerischen Demonstranten in Paris 1961. 1968 für die Gaullisten Mitglied der Nationalversammlung. 1978-81 Budgetminister unter Giscard d’Estaing. Paradebeispiel dafür, dass selbst hochbelastete Vichy-Angehörige in der V. Republik hervorragend Karriere machen konnten.

Brice Parain: 1897-1971. Philosoph und Schriftsteller. Teilnahme am 1. Weltkrieg. Absolvent ENS. Begeisterte sich für die Oktoberrevolution. Arbeitete 1925-26 auf der franz. Botschaft in Moskau. Seine Frau Nathalie war Russin und Malerin. Brach 1933 mit dem PCF. 1936 Selbstkritik nach Gides Retour à la France, blieb aber trotzdem der russischen Kultur treu. Arbeitete seit 1927 bei G. Gallimard als dessen persönlicher Sekretär; tätig v.a. auf dem Gebiet der russischen und der philosophischen Literatur. Während der Besatzung hatte er in der Funktion als Generalsekretär wg. Abwesenheit G. Gallimards die Verlagsleitung inne. Veröffentlicht russisch Autoren (Zamjatin, Pilnjak), v.a. 1958 Doktor Zhivago. Nahe zu Camus. Seit 1934 mit Sartre bekannt: betreute ihn bis Mitte der 50er Jahre, als sich seine Beziehungen zu Sartre verschlechterten. Akzeptierte La Nausée. Veröffentlichte 1942 Recherches sur la nature et les fonctions du langage, das Sartre zwei Jahre später in Aller et retour besprach. Unterschrieb 1947 das Manifest gegen die Verleumdung Nizans durch den PCF. Warf Sartre 1956 vor, dass die Wirklichkeit immer die Schlafwandler störe.

Géraldine Pardo: genannt Gégé; Malerin und Zeichnerin. Durch Poupette lebenslange Freunde von S. de Beauvoir. Poupette ging mit ihr 1928 in dieselbe Kunstakademie. Gégé beeindruckte Beauvoir stark durch ihre selbständige Haltung, sowohl in Dingen der Arbeit wie der Sexualität. Sartre hatte kurzfristig 1937 mit ihr eine Affäre. Gégé machte Beauvoir 1939 auf Giacometti aufmerksam. Denonain war ihr erster, Frédéric Pardo ihr zweiter Mann. Sartre war Pate von deren Sohn Frédéric Pardo (1944).

Pier Paolo Pasolini: 1922-75. Italienischer Filmregisseur, Schriftsteller. Schwul. Zuerst Anhänger der friulischen Unabhängigkeitsbewegung, seit 1947 PCI-Mitglied, 1949 wegen Verführung von Minderjährigen ausgeschlossen (unter Verweis auf den dekadenten Einfluss von Gide und Sartre). Seine letzten Filme haben einen ausgesprochen sexuellen, z.T. sogar sado-masochistischen Anstrich (beso. im an de Sade angelehnten Film Salò o le 120 giornate di Sodoma, 1975). Wurde vom Stricher Pelosi ermordet: zu dessen Prozess 1976 schrieb Sartre Non fate il processo a Pasolini. Pasolini widmet Sartre Alì dagli Occhi Azzurri (Ali mit den blauen Augen; 1965), da Sartre ihm die Geschichte über Ali erzählt habe. Dez. 64 Diskussion mit Sartre in Paris über seinen Film Il Vangelo secondo Matteo, der von der franz. Linken heftig attackiert wurde.

Jean Paulhan: 1884-1968. Literat, Schriftsteller. 1963 Mitglied der Académie Française. Förderer Sartres zu dessen Anfangszeiten. Zuerst bei den Surrealisten (auf Max Ernsts Bild Au Rendez-vous des amis von 1922 in der Mitte mit u.a. Éluard, Aragon, Breton), Mitarbeit bei NRF seit 1920, Chefred. seit 1925, deren Gesamtleiter 1935-40, 53-68. Schon seit 1927 sehr skeptisch gegenüber dem Kommunismus eines Aragon, Gide oder Groethuysen. Trat 1937 bei Gallimard für die Veröffentlichung von La Nausée ein. Veröffentlichte Le Mur in der NRF 1937. Ist aktiv in der Résistance, zu Beginn im Netz des Musée de l’homme; als dieses im Feb./Mrz. 41 ausgehoben wird, kommt Paulhan erst nach Intervention von Drieu frei: arbeitet neben Drieu, der sein Nachfolger bei der NRF ist. Unterhält gleichzeitig Kontakt zu kollaborationist., pro-dt. Schriftstellern (neben Drieu Jouhandeau, Fernandez, Chardonne), publiziert in Comœdia. wie Gründet 1941 mit Decour den C.N.E.. Trotz seiner Résistance-Tätigkeit stellte er den Kontakt von Sartre mit dem Kollaborationisten Delange her. Brachte wahrscheinlich Sartre zu C.N.E. und den Lettres Françaises (oder war es François Billoux?). Gründete 1942 mit Vercors die Éditions de Minuit. Ab 1944 Mitarbeit an TM (Pseudonym: Maast). Gegen Säuberungen in der Literatur nach der Befreiung (Brasillach, Céline, Jouhandeau, Maurras). War sehr skeptisch gegenüber Sartres Vorstellung von engagierter Literatur. Trat 1947 aus CNE aus, da dieser zu sehr von den Kommunisten beherrscht wurde: CNE und PCF griffen Paulhan an, weil er die Ansicht vertrat, dass Schriftsteller das Recht hätten, auch falsche Ansichten zu vertreten und dass nur Handlungen strafbar sind (Sartre teilte diese liberale Haltung Paulhans nicht): veröff. Werk von Céline. Unterstützte ab 1948/50 die Antikommunisten (u.a. den Congrès pour la liberté de la culture 1950 in Berlin). 1963 Mitglied der Académie Française. Unterschrieb 1947 das Manifest gegen die Verleumdung Nizans durch den PCF. Verhältnis mit D. Aury seit 2. WK.

Marcel Péju: 1922-2005. Journalist. Kam in die TM infolge der Annäherung Sartres an den PCF. 53-60 Generalsekretär, 60-62 Mitglied Direktionskomitee der TM. Engagierte sich zuerst für Polen, dann intensivst für FLN im Algerienkrieg (auch Manifest der 121). Verfasste 1960 in Sartres Namen den Brief ans Gericht wg. Prozess gegen Réseau Jeanson. Musste 1962 TM wegen zu grosser Nähe zu Algeriens FNL verlassen. Gab seine Tätigkeit in Algerien nach Sturz Ben Bellas auf. Ab 1979 Journalist bei Jeune Afrique.

François Périer: 1919-2002. eigentl. François Pillu. Mehrfach ausgezeichneter Theater- und Filmschauspieler. Spielte Hugo in Les Main sales 1948. Unter seiner Regie wurde 1965 Les Séquestrés d’Altona wieder aufgenommen (im Théâtre de l’Athénée). Freundschaft mit Sartre.

Alfred Péron: 1904-1945. Schriftsteller, Lehrer. Jugendgefährte von Sartre. Zusammen mit Sartre im selben Jahrgang an der ENS. Abschluss in Englisch. 1926 Lehrer am Trinity College in Dublin, wo er sich mit seinem Schüler Samuel Beckett befreundet. Seine Frau Maya Lézine war Russin. Sartre war 2 Jahre mit Pérons Kousine, G. Marron, liiert, sogar verlobt (zwei Briefe von G. Marron existieren vom Nov. 27 und Jan. 28). 1940-42 in deer Résistance: als sie verraten wurden, war Péron Mitglied von Gloria, einer der frühesten und effektivsten Widerstandsorganisationen (u.a. auch mit Samuel Beckett). Sartre hatte Péron 1941 wegen einer möglichen Mitarbeit in Socialisme et Liberté kontaktiert: dieser lehnte jedoch ab. Von der Gestapo 1942 nach Mauthausen deportiert. Verstarb 1945 nach seiner Befreiung durch das Rote Kreuz in der Schweiz.

Marius Perrin: Abbé. Wie Abbé Henry Leroy, Espitallier, der Jesuit Paul Feller, der Dominikaner Pierre Boisselot, und Abbé Etchegoyen einer der Geistlichen im Stalag 12 D. Chef der Baracke 55. Er besorgte Sartre Heideggers Sein und Zeit. Fälschte Sartres Wehrpass, worauf Sartre aus dem Gefangenenlager entlassen offiziell entlassen wurde. Er veröffentlichte 1980 Avec Sartre au Stalag 12 D, nachdem immer wieder das Gerücht aufkam, dass Sartre seine Entlassung der Kollaboration mit den Deutschen verdankt habe.

Henri Philippe Pétain: 1856-1951. Marschall im Ersten Weltkrieg (u.a. bei Schlacht von Verdun). 1940 zuerst Ministerpräsident (Waffenstillstand mit den Deutschen), dann vom Parlament zum Präsidenten (Chef d’État Français) gewählt (-1944). Kollaborateur. Maurrasist. 1945 zum Tode verurteilt, begnadigt.

Roger Peyrefitte: 1907-2000. Diplomat (1933-40, 43-45) und Schriftsteller. Homosexuell (J’aime les agneaux, pas les moutons). Trat offen für die Homosexualität ein (Les Amitiés particulières, 1944). Anti-Klerikal (schwuler Papst Pius XII in Les Clés de Saint-Pierre 1955) : Streit mit Mauriac 1955/64: Peyrefitte outet Mauriac 1964. Befreundet mit Henri de Montherlant.

Charles Piaget: 1928-. Arbeiter und CFDT-Gewerkschafter bei Lip. Führer der Streiks und der Selbstverw.bewegung bei Lip 1973-77. Präsidentschaftskandidat 1974 (Teile des PSU [Mehrheit mit Rocard für Mitterrand], LCR): Sartre für Piaget.

Pascal Pia: 1903-79, eigentlich Pierre Durand, Journalist. Seit 1920 Freund von Malraux, Herausgeber erotischer Literatur. Lebte beispielhaft einen absurden Lebensstil. Journalist u.a. beim Le Progrès (Lyon), dann beim kommunist. Ce Soir 1937/38, 1938-40 beim Alger Républicain (Chefred.), wo er im Sep. 38 Camus in die Redaktion holte, der ihm später Le Mythe de Sisyphe widmete. Gemeinsam gründeten Pia und Camus im Sep. 39 Le Soir Républicain, der im Jan. 40 von der Zensur eingestellt wird. Arbeitete anschliessend in Pairs beim Paris-Soir (1940-42), wohin er Camus kommen liess. Schloss sich im Aug. 43 der Widerstandsbewegung Combat an: Chefredaktor von Combat. Holte im Okt. 43 Camus dorthin, später Aron. 47 Bruch mit Camus, als dieser von Combat ausschied: es gab Streit um die Zukunft von Combat wegen der finanziellen Schwierigkeiten (Pia für, Camus gegen Schliessung), zudem stand Pia politisch den Gaullisten nahe. 1948 Mitgl. des Collège de pataphysique.

Yvonne Picard: Philosophiestudentin. Bekannt mit Sartre/Beauvoir. 1941 Mitglied von Socialisme et liberté, später komm. Widerstandsgruppe: von den Nazis am 18.5.42 verhaftet und deportiert, kehrte nicht mehr zurück.

Pablo Picasso: 1881-1973. Maler. Schon immer links (im Span. Bürgerkrieg: cf. Guernica): 1944 nach Befreiung von Paris Mitgl. des PCF bis zum Tode: seine Taube wird durch Aragon zum Symbol der Friedenskongresses in Paris 1949; immer wieder an komm. Veranstaltungen (u.a. in Breslau 1948) dabei, doch wahrt sich seine Autonomie (cf. Portrait de Staline 1953). Obwohl viele gemeinsame Bekannte, kaum Kontakt mit Sartre: durch Leiris mit Sartre bekannt gemacht. 1944 fand bei Leiris die wohl bekannteste Fiesta statt, bei der Picassos Stück Le Désir attrapé par la queue (geschrieben 1941) uraufgeführt wurde und an der auch Braque, Barrault, Bataille, Camus, Lacan, Leiris, Leibowitz und Salacrou teilnahmen. P. wohnte damals 7, rue des Grands-Augustins (Wohnung und Atelier).

Gaston Pieterkowski: jüdischer Textilhändler aus Paris; Pieter genannt; wie Korporal Jean Pierre (in den Briefen an Beauvoir „Paul“ genannt) und der Physiklehrer Keller Mitglied von Sartres Wetterbeobachtungseinheit. War ebenfalls im Gefangenenlager in Trier (während der Gefangennahme kam noch der Steuerinspektor Henri Longepierre und der Pariser Transportangestellte Civette dazu). Seine Spur verliert sich. Unsicher, ob der Name stimmt, da der Name dem IKRK unbekannt ist. Pieter war Sartres Beispiel aus dem Leben für den nicht-authentischen Juden.

Virgilio Piñera Llera: 1912-79. Kuban. Schriftsteller. 1946-58 im Exil in Argentinien, 1959-61 Mitarbeit an Lunes de Revolución (Kulturbeilage der Zt. Revolución). Trifft Sartre und Beauvoir 1960 als Mitorganisator. 1961-64 Direktor der Ediciones Revolución. 11.10.62 Opfer der „Nacht der drei Ps“ (Verfolgung von Homosexuellen, Prostituierten und Zuhälter). 1964 verliert Position wg. Homosexualität, doch muss nicht in die UMAP (Militares de Apoyo a la Producción), wohin Randständige und Homosexuelle verfrachtet werden. 1968 Preis der Casa de las Americas. Nach Padilla-Affäre 1971 Publikationsverbot auf Kuba.

Bernard Pingaud: 1923-2020. Schriftsteller. Kulturfunktionär. ENS 1943. Trat 1960 in die Redaktion von TM ein. Zeitweilig Sekretär der franz. Sektion von COMES. Die Unterzeichnung des Manifestes der 121 führte zum Verlust seiner Stelle als Mitarbeiter der Nationalversammlung (wird später jedoch wieder eingestellt, bis 1974). Anschliessend in verschiedenen Positionen des PS und des Staates. Gründete 1968 mit Faye und Butor die Union des écrivains. 1960-70 Mitarbeiter der TM: 1970 Streit, nachdem er wie Pontalis den linken Kurs zugunsten der Studenten nicht mehr teilen konnte. In der Redaktion der Zs. L’Arc (Interviews mit Sartre über Strukturalismus 1966, Flaubert 1980)

Marceau Pivert: 1895-1958. Marxistischer Sozialist. Mitglied des SFIO. Gründete 1935 die Gauche révolutionnaire innerhalb der SFIO, die 1938 ausgeschlossen wurde. Pivert gründete den PSOP (Parti Socialiste Ouvrier et Paysan). Nach dem Zweiten Weltkrieg wieder Mitglied der SFIO.

Raymond Poincaré: 1860-1934, Mitglied der Académie Française (gewählt gegen Schlumberger). Bürgerlicher Politiker. Rechtsrepublikaner. Charles Schweitzer soll für ihn als den Vertreter der Beamtenpartei gestimmt haben. Zusammen mit Clémenceau (1841-1929, Ministerpräsident 1906-09, 17-20) einer der beiden Führer der anti-deutschen Richtung. Präsident (1913-20), Ministerpräsident (1912-13, 1922-24, 26-29) und Aussenminister (1912-13, 22-24). Befürworter der Einkreisungspolitik: Bündnisse mit Polen 1921 und der Tschechoslowakei 1924.

Georges Politzer: 1903-1942; Ungar jüdischer Herkunft (Geburt in Rumänien), Philosoph, Kommunist. Beteiligte sich 1919 an den Unruhen in Ungarn, 1920 emigriert nach Wien (Kontakte mit Freud und Ferenczi), 1921 nach F, 1924 naturalisiert. 1926 Agrégation in Philosophie. Gehörte zusammen mit Lefebvre, Friedmann und Guterman 1924/25 zur Gruppe der Zeitschrift Philosophies (ab 1926 L’Esprit) unter Pierre Morhange. Führte als einer der ersten Freud in Frankreich ein: Critique des fondements de la psychologie (1928), wo er gewisse Ideen von Sartre vorwegnahm. Übersetzte zusammen mit Lefebvre Schelling (Recherches sur la liberté humaine). Seit 1929 Mitglied des PCF; Kritik an der Psychologie vom marxistischen Blickwinkel aus. Befreundet mit Nizans. 1932 Leiter der Wirtschaftskommission des ZK. Lehrer an der Parteischule: vertrat dogmatischen, plumpen Marxismus. Ab 1937 in Anpassung an den Volksfrontkurs wieder liberaler: Kommunismus als Fortsetzung der Französischen Revolution. Mitglied der Résistance (zus. mit Langevin). 1942 durch Gestapo gefoltert und erschossen. Sein rotes Haar war Vorbild für Antoine Roquentin.

Georges Pompidou: 1911-74. Gaullist. Studierte an ENS (promotion 1931). Präsident 1969-74 (gegen Poher/MRP, im 1. Gang auch Duclos/PCF, Defferre/SFIO), Ministerpräsident 1962-68.

Francis Ponge: 1899-1988. Dichter, mit dem Sartre und Beauvoir gerne zusammen waren. Gewerkschafter (CGT), 1937-47 Mitglied des PCF. Résistance (warb Journalisten für Résistance an). In den 70er Jahren Gaullist. Patriot. Zuerst bei Action, wo er Sartre die Gelegenheit gab, auf die kommunistischen Angriffe zu antworten, dann bei TM. 1944 besprach Sartre verschiedene Werke von Ponge, u.a. Douze Petits Écrits und Le Parti pris des choses. Meister der Worte, um einfache Dinge zu beschreiben. Sartre sah in ihm einen hervorragenden existentialistischen Dichter, auch wenn Ponge selbst das Wort Dichtung ablehnte.

Jean-Bertrand Pontalis: eigentlich Lefèvre-Pontalis. 1924-2013, Philosoph, Psychoanalytiker. Schüler von Sartre am Lycée Condorcet (er war mit Alquié unzufrieden und folgte ein Jahr später dem Kurs von Sartre). Freund von Bourla. Von Ausbildung Philosoph zuerst bei Merleau-Ponty, dann bei Sartre. Seit 1946 Mitarbeit in TM. 1953 Psychoanalyse von Pontalis durch Lacan, wurde selbst zum Psychoanalytiker (Lagache als Lehrer). 1960 unterzeichnete das Manifest der 121. Gab Zusammenfassungen der Seminare IV bis VI von Lacan heraus sowie die Nouvelle revue de psychanalyse (1971-94 bei Gallimard). 1967 mit Jean Laplanche Vocabulaire de la psychanalyse. 1964 Mitgl. der Association psychanalytique de France (Präsident 1970-72). Ende der 60er Jahre im Konflikt mit Sartre : 1968 zusammen mit Pingaud gegen Artikel von Kravetz in TM, wo dieser die Sorbonne für die Studenten forderte; 1969 wg. kritischen Veröffentlichung von L’Homme au magnétphone; 1970 wg. Artikel von Gorz in TM, wo dieser zur Zerstörung der Universität aufrief, trat er zus. mit Pingaud aus Redaktion der TM aus.

Jean Pouillon: 1916-2002. Ethnologe (v.a. über Afrika; beeinflusst von Lévi-Strauss), Journalist, Sekr. der Nat.vers.. Ehemaliger Schüler von Sartre in Le Havre, Freund von Bost. Schloss sich Sartre in Socialisme et liberté an. Mitglied der Redaktion der TM. Die Unterzeichnung des Manifestes der 121 führte zum Verlust seiner Stelle als staatlicher Beamter. 1960-96 Lt. der ethnolog. Zs. L’Homme. Bemühte sich in den 60er Jahren um einen Ausgleich mit den Strukturalisten. Lebenslang Sartrianer, der Beauvoir in ihrem Streit mit Victor unterstützte.

Nicos Poulantzas: 1936-79 (Selbstmord). Griech-franz. Philosoph, marxist. Staats- und Klassentheoretiker. Verheiratet mit Annie Leclerc (franz. Feministin). Zuerst von Gramsci, auch Sartre beeinflusst (ab 1964 teilweise Mitarbeit an TM), dann v.a. von Althusser: Autonomie des Staatsapparates gegenüber Wirtschaft: der Staat ist nicht nur repressives Organ der Kapitalisten. In den 70er Jahren Eurokommunist.

Jacques Prévert: 1900-1977. Dichter und Filmbuchautor. Den Surrealisten nahe stehend (durch seinen Freund Queneau), von denen er sich 1929 jedoch trennte: gründete eigenen Kreis: Prévert-Bande (mit Bruder Pierre, Tanguy, Queneau). Ging bald auf Distanz zum Sowjetkommunismus, der ihm zu ordnungsliebend war und von dem er sich 1956 vollends distanzierte. Verkehrte ebenfalls im Flore, doch Sartre und Beauvoir unterhielten keine Beziehung zu ihm. Sein anarchistischer Zug gefiel aber beiden. Bruder des Filmmachers Pierre Prévert (1906-88). Seine Gedichte waren oft Inhalt der Chansons, die Gréco, Montand oder Doisneau in der existentialistischen Szenen des Rive Gauche sangen. Arbeitete mit an L’Affaire Henri Martin (1953).

Marcel Proust: 1871-1922. Schriftsteller. Homosexuell (aber nicht offen). Grosser Einfluss auf den europäischen Roman. Innere Monologe und Assoziationen aktueller mit vergangener Bewusstseinszustände sind sein Merkmal, wodurch er minutiös die menschlichen Gefühle schildert. Sein Hauptwerk war À la recherche du temps perdu (veröff. 1913-27). Sartre lehnte Prousts Stil ab, doch dessen Werk beeinflusste ihn stark, nicht zuletzt der 4. Band von À la recherche du temps perdu, Sodome et Gomorrhe.

Oreste Pucciani: 1916-99. Amerikaner, Französischprofessor (1947/48 Harvard, 1948-79 UCLA), einer der Pioniere des Existentialismus in den USA. Ist der Professor für engl. Literatur Willy aus den Memoiren. Homosexuell (zuerst mit jungem bisexuellen Franzosen, dann über 30 Jahre mit dem bekannten österr.-amerikan. Modedesigner Rudi Gernreich, 1922-85, pro-komm. Mitbegründer der ersten amerikan. Schwulenorg. Mattachine Society 1950). Wichtig für Rezeption Sartres in den USA. Traf Sartre und Beauvoir 1946/47 in Paris. Bekannter von Nathalie Sorokine. Kam 1951 mit Sorokine und einem jungen Liebhaber (in den Memoiren als Bernard bezeichnet) zu Sartre und Beauvoir auf Besuch. Sorokine wollte ihn heiraten, der wollte jedoch wegen „Bernard“ nicht.

André Puig: 1939-2004. Schriftsteller, Drehbuchautor. 1963-80 Sekretär von Sartre. War nie Mitglied der Familie, doch der Freund von Arlette, der er jedoch nicht treu war. Sartre half ihm, seinen ersten Roman La Colonie animale zu veröffentlichen und schrieb ein Vorwort zu dessen Werk L’Inachevé (1970; gewidmet Arlette). Als Autor selbst wenig erfolgreich.

Raymond Queneau: 1903-76, Schriftsteller, 24-29 Surrealist; sein Werk zeichnet sich aus durch das humorvolle, ironisch-groteske Wortspiel, das die existentielle Sinnlosigkeit und Leere überspielt. Studierte in den 30er Jahren bei Koyré und Kojève. Gehörte zur Prévert-Bande. In den 30er Jahren Boris Souvarine und dessen Cercle Communiste Démocratique nahe. Ab 1938 Arbeit bei Gallimard (ab 1954 Dir. Bilbiothèque de la Pléiade). 1941 Generalsekretär bei Gallimard. 1943 Mitglied des CNE und 1944/45 von dessen Säuberungskommission. Gab 1947 die Nachschrift von Kojèves Hegel-Vorlesung heraus (Introduction à la lecture de Hegel). Interessiert an Mathematik, 1950 Satrape des Collège de Pataphysique, 1951 Mitgl. Académie Goncourt. Sartre befreundete sich 1943 mit Queneau. Es war Queneau, der Sartre mit dem Jazzer Boris Vian und dem Filmkritiker und späteren Drehbuchautor und Filmemacher Astruc bekannt machte. Schrieb auf Sartres Veranlassung das Gedicht Si tu t’imagines für Gréco.

László Rajk : 1909-49. Ungar. komm. Politiker. Seit 1930 Mitgl. der ungar. KP. Im Span. Bürgerkrieg Poltkommissar. 1946-48 Innen-, dann ‚49 Aussenminister. Als „Titoist“ (= potentiell moskau-unabh. Kommunist) in Schauprozess zum Tode verurteilt: 1. Schauprozess in Osteuropa gegen nationalist. Kommunisten (später auch Slánský/CSSR etc.)

Paul Ramadier: 1888-1961. Sozst. Politiker. Mehrfach Minister 1938 und nach dem Krieg; Ministerpräsident 1947. Unterstützte 1947 Sartres Radioserie La Tribune des Temps Modernes : nach dessen Ablösung durch den christ.-dem. Schuman (MRP) war die Radiosendung definitiv erledigt.

Michaelis N. Raptis: 1911-1996. Pseudonym : Michel Pablo. Griechischer Trotzkist, Führer der IV. Internationale. 1944 zusammen mit Mandel Leiter des Intl. Sekretariats der IV. Internationale. 1951 mit seiner Theorie des erwarteten 3. Weltkriegs Hauptvertreter des Entrismus. Engagierte sich sehr stark für den FLN und Algerien: deswegen in Holland in Haft (Sartre unterstützte die Forderung nach seiner Freilassung) und algerischer Minister. 1965 aus Intl. Sekretariat ausgeschlossen. Engagierte sich später für Selbstverwaltung.

Hermann Rauschning: 1887-1982 (USA); dt.-US Musikwissenschaftler, NSDAP-Politiker in Danzig, Faschismus-Theoretiker. Mitglied der NSDAP, bevor er 1934 mit dem Nationalsozialismus brach. 1936-41 auf der Flucht: dann in den USA. Seine Bücher Die Revolution des Nihilismus (1939, Nationalsozialismus als Folge der Entchristlichung der Gesellschaft) wie Gespräche mit Hitler (1940; erfunden), die Sartre und Beauvoir mit Interesse lasen, deckten schonungslos die Grundlagen des Nationalsozialismus wie vor allem den Eroberungswillen Hitlers auf.

Lucien Rebatet : 1903-72. Schriftsteller. Homosexuell. Alias François Vinneuil (als Filmkritiker). Pro-faschistischer Journalist (Action Française 1929, Je suis partout 1932) : gegen Jude, Kirche, Demokratie, Kommunisten. Für Allianz mit Drittem Reich. 1944 Flucht nach Dtld. (Sigmaringen), 1945 verhaftet, 1946 zum Tode verurteilt, aber begnadigt (Petition durch Paulhan lanciert), 1952 frei.

Paul Rebeyrolle: 1926-2005 . Abstrakt-figurativer Maler gegen jede Unterdrückung. 1963 PCF-Mitglied, 1956 Bruch wg. Budapest. Sartre war begeistert von der Ausstellung Guérilleros 1969, in der Rebeyrolle die Untaten des Imperialismus geisselte: Sartre lernte dort R. kennen. Für seine Ausstellung Coexistences, in der er den Ostblock nicht nur für die Verbrechen in Prag und Moskau schuldig erklärte, sondern auch für die Folgen des Nichteingreifens im Namen der Koexistenz in Brasilien und Vietnam, schrieb Sartre einen Katalogtext. Befreundet mit Franqui, geschätzt von Foucault.

Serge Reggiani: 1922-2004. Bekannter Film-/Theater-Schauspieler und Chansonnier ital. Abstammung. In Stücken u.a. von Marais, Cocteau, Camus (Les Justes), Sartre (1959 Les Séquestrés d’Altona ; Frantz) und vielen andern. Chansonnier mit B. Vian.

Jules Renard: 1864-1910. Schriftsteller (naturalist., psycholog. Beschreibung wichtiger als äusserliche Handlungen). Pazifist, antiklerikal. 1945 schrieb Sartre eine Besprechung des 1925 publizierten Tagebuchs Journal, 1887-1910.

Jean-François Revel: 1924-2006. eigentl. Jean-François Ricard. Philosoph, Journalist, Schriftsteller. Mitgl. Académie française (1994-2006) 1943-47 ENS: seitdem befreundet mit Schérer, Tran Duc Thao, Althusser. In der Résistance. Unterrichtete 1947-63: 1947/48 in Algerien (auf Initiative Zuorros), 1950-52 Mexico, 1952-56 Italien. Mitarbeiter von France-Observateur (-63), L’Express (1966-81 in Redaktion; 78-81 Dir.), Le Point (1982-2006), Europe 1 (1989-92), RTL (1995-98) als Essayist, Pamphletist. Polit. zuerst links: Antigaullist, unterschrieb Manifest der 121, 1960-70 mit Mitterrand befreundet; wird 1970 zum pro-amerikan. Liberalen im Stile Arons (1970: Ni Marx ni Jésus : De la seconde révolution américaine à la seconde révolution mondiale, 1976: La Tentation totalitaire ; 2002: L'obsession anti-américaine), Antikommunisten und Sartrophoben. 1977 für Nouveaux Philosophes. 1957 Pourquoi des philosophes? (Polemik gegen Philosophen): v.a. von Merleau-Ponty, Lévi-Strauss und Lacan, 1959 auch von Sartre kritisiert. Seit 1957 mit O. Todd befreundet.

André Reweliotty: 1929-1962. Jazz-Klarinettist und Bandleader. Langjähriger Freund und Geliebter von Michelle Vian (auch 1949-58).

Jean Ricardou: 1932-2016. Schriftsteller des Nouveau roman, Literaturtheoretiker. 1964 Diskussion mit Semprun, Faye, S. de Beauvoir und Berger (Que peut la littérature?).

Matthew B. Ridgway: 1895-1993. US-General. Am 2. WK und Koreakrieg beteiligt. 51 OB im Koreakrieg als Nachfolger McArthurs, 52-53 OB der westlichen Alliierten Streitkräfte (NATO mit damals noch Sitz bei Paris), 1953-55 Stabschef der US-Armee. Die Kommunisten lancierten im Frühling 52 eine Kampagne gegen Ridgway mit dem falschen Vorwurf des Einsatzes von B-Waffen.

David Riesman: 1909-2002. US-Soziologe. In seinem Buch The Lonely Crowd von 1950 unterschied Riesman zwischen dem tradition-directed, dem inner-directed und dem outer-directed character. 1957 gab es hierzu einen Beitrag von Riesman in den TM. Riesman zählte mit Whyte, C. Wright Mills und Spectorsky zu den amerikanischen Soziologen, die Sartre inspirierten.

Pierre Rigoulot: 1944-. Historiker: Director des Institut d'histoire sociale (gegr. von Souvarine; seit 1984 Mitarbeiter) und der Zs. Histoire et Liberté (ex-Cahiers de l'Histoire sociale) zur Geschichte des Kommunismus und Sozialismus. 1977-82 in Red.komitee der TM. Später Antikommunist: Mitarbeit am Schwarzbuch gegen den Kommunismus (Courtois et al.; 1997).

Fernand Rivers: 1879-1960. Filmregisseur von Les Mains sales 1951.

Paul Rivet : 1876-1958. Ethnologe (Indios über Pazifik eingewandert). Gründete 1937 Musée de l’homme. Politisch links engagiert : 1934 Präs. Comité de vigilance des intellectuels antifascistes. 1940 von Vichy entlassen, bis 42 in Résistance, dann Flucht nach S-Amerika. 1948 Austritt aus SFIO, beteiligt sich 1950 an Union progressiste: deren Kandidat für die Nat.vers. 1951 (von Sartre unterstützt).

Bruno Rizzi: 1901-1977. Italienischer politischer Theoretiker. Zuerst Sozialist und Kommunist. Veröffentlichte 1939 La Bureaucratisation du Monde, wo er Stalins Kommunismus und Faschismus gleichsetzte. Beeinflusste die Diskussion über die UdSSR im Trotzkismus.

Olivier Rolin: 1947-. Schriftsteller, Journalist. An ENS, Mitglied der GP (Chef der NRP), dann Journalist bei Libération und Nouvel Observateur.

Jacques-Francis Rolland: 1922-2008. Journalist (u.a. Ce Soir und Action 1944-50, France Observateur 1956-59), Schriftsteller, Geschichtslehrer (1951-82) . Wie Astruc, Cau oder Scipion einer aus der Bande um Sartre, ohne jedoch zum engeren Kreis zu gehören. Über Bost auch mit Beauvoir befreundet. Unterschrift unter Manifest der 121. Seine Annäherung an die Gaullisten während der Algerienkrise führte zum Bruch mit der Familie.

Romain Rolland: 1866-1944. Schriftsteller. 1915 Lit.-Nobelpreis. ENS. Standhafter Pazifist, auch während des Ersten Weltkriegs, den er in der Schweiz verbrachte, als Anatole France und Gide ihn als einen Landesverräter bezeichneten. Suchte sein Heil in Indien (Gandhi) und in der UdSSR (lobte 1917 die Oktoberrevolution, schloss sich 1931 den Kommunisten an. 1935 Reise zu Stalin und Gorkij). Gründete mit Barbusse 1919 Gruppe Clarté. 1932 mit Barbusse Initiator für Congrès mondial de lutte contre la guerre impérialiste in Amsterdam : dieser verbindet sich mit Congrès Européen contre le fascisme et la guerre, der 1933 in Paris-Pleyel stattfindet, zum Mouvement Amsterdam Pleyel. Kritisierte Gides Retour de l’URSS angesichts der faschistischen Gefahr. Gab im März 39 seinen Pazifismus auf und vertrat eine Allianz zwischen Frankreich und UdSSR. Schwieg nach dem Deutsch-sowjetischen Pakt 1939 (seit Moskauer Prozessen innerliche Vorbehalte): begrüsste 1944 trotzdem Rückkehr Thorez‘ aus Moskau.

Jules Romains: 1885-1972. Eigentl. Louis Henri Jean Farigoule . Schriftsteller. Vertreter des Unanimismus, d.h. der Vorstellung, dass ein Kollektiv eine gemeinsame Seele habe. Während des Krieges in den USA. 1946 Mitglied der Académie Française. Unterstützte ab 1948/50 die Antikommunisten (u.a. den Congrès pour la liberté de la culture 1950 in Berlin). Politisch links: 1927 Unterzeichnung der Petition gegen die Militarisierung von Staat und Gesellschaft.

Julius (1918-53) und Ethel (1920-53) Rosenberg: Einzige wegen Spionage hingerichtete Amerikaner: 1951 wegen Atomspionage verurteilt, 1953 hingerichtet. Einer der bedeutendsten Prozesse im Rahmen des McCarthyismus. Beide waren Kommunisten und Juden. Ethel war unschuldig. Ihr Bruder, der im Atomprojekt Manhattan arbeitete, beschuldigte sie fälschlicherweise, um seine Familie zu retten. Julius arbeitete während und nach dem 2. WK als Spion, war jedoch von untergeordneter Bedeutung (in Raketentechnologie). Sartre (aber auch Papst Pius XII.) protestierte 1953 gegen die Exekution der Rosenbergs und schrieb Les animaux malades de la rage.

Gérard Rosenthal: 1903-92. Politiker, Anwalt. Trotzkist seit 1928, vor dem Zweiten Weltkrieg in führenden Positionen. Befreundet mit Naville. 1949 veröffentlichte zusammen mit Rousset und Sartre Entretiens sur la politique.

Alfred Rosmer: 1867-1964. Eigentlich Alfred Griot. (Anarcho-)Syndikalist. 1919-21 bei Komintern in Moskau. 1921 Gründungsmitglied der komm. Roten Gewerkschaftsinternationalen. 1922 Mitglied PCF, 1924 ausgeschlossen. Dann nahe zum Trotzkismus, jedoch nicht mehr fest mit einer Partei liiert. Oft zusammen mit Monatte.

Rossana Rossanda: 1924-2020. Ital. Linkspolitikerin, Journalistin. Nach 2. WK Mitgl. PCI. Unter Togliatti Zeiten für Kulturpolitik verantw.. Widmete sich ab 1968 v.a. theoretischen Fragen: für Studentenbewegung, Feminismus. 1969 Il Manifesto gegr, 1971 als Partei. Wegen ihren Ansichten über das Verhältnis der Partei zu den Massen und die Organisation der Partei selbst, 1969 vom PCI ausgeschlossen.

Denis de Rougemont: 1906-85. Schweizer Schriftsteller der französischen Sprache. Anhänger von Mounier. Mitarbeiter von Esprit und Ordre Nouveau. Vertreter eines kulturellen Föderalismus in Europa. 1950 Sekretär des vom CIA finanzierten Congrès pour la liberté de la culture (ihre Zeitschrift: Les Preuves). 1939 besprach Sartre sein Werk L’Amour et l’Occident, durch das er berühmt wurde.

Raymond Rouleau: 1904-81. Belg.-franz. Schauspieler und Regisseur. Arbeite im Theater mit Artaud und Dullin, im Film mit M. Allégret und Pabst. Verh. u.a.mit Balachova. Regie bei Uraufführung von Huis clos (1944) und beim Film Les Sorcières de Salem (1956).

Lionel de Roulet:1913-1990. Aus hugenottischer Familie, die in der Schwez lebte. Nach der Scheidung nahm seine Mutter ihn nach Frankreich mit: Cannes, Chamonix, dann bei Tante in Le Havre. 1932 Sartres Schüler in Le Havre. Verleitete Beauvoir und Sartre zum Skifahren (1935 mit Hélène, Sartre und Beauvoir in Gstaad zum Skifahren). In Le Havre auch Sparringpartner für Sartre im Boxen. Sartre empfand grosse Sympathie für ihn und nannte ihn seinen Jünger. Lernte 1933 Hélène de Beauvoir kennen, 1935 schwer an Tuberkulose erkrankt (zur Pflege im Engadin, in Berck), Heirat mit H. de Beauvoir 1942. Lebte 1939-45 wg. Krankheit bei seiner Mutter, verheiratet mit einem Portugiesen, in Portugal. Arbeitete für im staatlichen Kultur-und Informationsbereich, in Portugal (beim gaullist. Teil des Institut Français) -1945, 45-47 in Wien, 47-49 in Belgrad, 49-50 Paris, 50-57 zuerst in Privatindustrie in Casablanca/Marokko (Besuch von Sartre und S. de Beauvoir), dann im staatlichen Kulturbereich in Mailand, 1957-60 in Paris, ab 1960 in Strassbourg (Europarat; 60-63 Scharrachbergheim, 1963- Goxwiller). Seine Beobachtungen während der Genesung in einer Tuberkuloseanstalt in Berck verleitete Sartre zu einer ähnlichen Szene in Le Sursis.

Serge Roullet: 1926-. Filmregisseur. Zuerst Assistent von Hans Richter und Robert Bresson. Film Le Mur (1967 ; Roullets erster langer Film).

Jean Rous: 1908-85, ab 1928 bei SFIO, 1932 bei der trotzkist. Ligue Communiste, dann POI (1936-39 zuständig für Beziehungen zu Spanien im Internat. Sekretariat), 1939 Beitritt zum PSOP von Pivert, während des 2. WK Bruch mit Trotzkismus, Résistance-Teilnehmer, kehrte mit Pivert zum SFIO zurück, Ende der 50er Mitbegründer des PSA, dann des PSU, 1972 PS. engagierte sich für Dekolonialisation.

David Rousset: 1912-97. Journalist, Schriftsteller, Politiker. Nacheinander Sozialist (1935 Ausschluss aus SFIO), Trotzkist (1936 Gründungsmitglied der Jeunesses socialistes révolutionnaires und des trotzkistischen Parti ouvrier internationaliste, bis 1945), RDR (Gründungsmitglied mit Sartre). In der Résistance tätig. Ende 43 verhaftet, überlebte KZ Buchenwald. Kannte Merleau, der ihn mit Sartre in Kontakt brachte. Bücher über KZ: L’Univers concentrationnaire (1946), Les Jours de notre mort (1947). 1949 veröffentlichte zusammen mit Rosenthal und Sartre Entretiens sur la politique: vertritt die These von der UdSSR als einem Land, in dem der Staat die Arbeiter ausbeutet. Unterstützte ab 1948/50 die Antikommunisten (u.a. 1949-58 Vizepräs. der intl. Kommission gegen Konzentrationslager [cf. Kravtchenko), Congrès pour la liberté de la culture 1950 in Berlin). Später v.a. journalistisch tätig (Figaro 1963-66, France Culture 1973-87).

Claude Roy: 1915-97. Eigentlich Claude Orland. Schriftsteller. Zuerst rechtsextrem (bei Action Française, 1937-41 Je suis partout), während Résistance zu Kommunisten (Aragon). Schrieb ab 1944 für Combat und Libération. Mitglied des PCF 1945. Einer der Gegner Sartres 1945/46. Der PCF entsandte ihn 1952 nach Publikation von Les Communistes et la paix zu Sartre, um Annäherung einzuleiten. 1956 wegen Kritik an Ungarneinmarsch aus dem PCF ausgeschlossen. Engagierte sich u.a. mit Schwartz gegen den Algerienkrieg (Hauptinitiator des Manifests der 121, Zeuge im Prozess gegen Jeanson). Mitarbeit bei Observateur und Nouvel Observateur. Verhältnis mit Évelyne Lanzmann (nicht unschuldig an deren Selbstmord).

Jean Royer: 1920-2011. Rechtskonserv. Politiker: 1959-95 Bürgermeister von Tours, April 73-April 74 Minister, 1974 erfolgloser Präsidentschaftskandidat. Verfechter einer konserv. Moral: klagt Sartre im Mai wg. Ausgabe von Tout! über Homosexualität an; Diskussion am 13.12.71 mit Clavel auf ORTF (Clavel verlässt sie spektakulär wg. Zensur)

Lord Bertrand Russell: 1872-1970. Englischer Mathematiker und Philosoph. Schöpfer der modernen Logik. Pazifist, Gegner der Atomwaffen. 1950 Literaturnobelpreis. In seinem Namen fand das Vietnam-Tribunal 1966/67 (nahm jedoch daran nur indirekt durch seinen Sekretär Schoenmann teil).

Michel Rybalka: 1933-. Ukrainischer Abstammung. Studierte (bei Pucciani) und arbeitete in den USA (Washington University, St. Louis). Traf Sartre erstmals 1965. Ab 1970 zusammen mit Contat der wichtigste wissenschaftliche Herausgeber von Sartres Werken: u.a. Les Écrits de Sartre, Un Théâtre de situations, Œuvres romanesques, Écrits de jeunesse. 1971 Interview mit Sartre und Contat über L’Idiot de la famille., 1975/81 mit Pucciani und Sartre über Philosophie. Begründer von www.jpsartre.org. Veröffentlichte auch über B. Vian.