Home    Originals    Abstracts    Essays    Biography    Bibliography    Links

Sartres Zeitgenossen — Kurzbiographien S–T 

Maurice Sachs: 1906-45; eigentlich Maurice Ettinghausen. Schriftsteller, Halbjude, schwul (Verhältnisse mit Cocteau [dessen Sekretär], Gide, Max Jacob), Nazi-Kollaborateur, Gauner. Ab 35 z.T. bei Gallimard. Während 2. WK auf Schwarzmarkt, 1942/43 mit V. Leduc befreundet, ab 43 in Hamburg, 43 verhaftet, bei Evakuation des Gefängnisses erschossen. TM veröffentlichte Werke von ihm 1948.

Françoise Sagan: 1935-2004. eigentlich Françoise Quoirez. Schriftstellerin. Ihr Erstes Werk Bonjour tristesse (1954) war eines der ersten, das die Sexualität aus weiblicher Perspektive behandelte. Bisexuell. Schrieb Chansons für Gréco. Lernte Sartre Ende der 50er Jahre durch Beauvoir kennen, die Sagan allerdings nicht mochte. Erst 1979 nahm Sagan, die Sartre verehrte und ihm unter dem Titel eines „Liebesbriefes“ eine Hommage verfasste, wieder Kontakt mit Sartre auf. Sie trafen sich in der Folge alle 10 Tage in der Closerie des Lilas zum Essen. Entgegen den Wünschen von Beauvoir und Arlette verschaffte sie Sartre Whiskey. Enges Verhältnis mit Mitterrand. Pflegte einen exzessiven Lebensstil. Engagierte sich politisch links (gegen Folter in Algerien, Manifest der 121, für freie Abtreibung)

Maurice Saillet: 1914-90. Schriftsteller, Kritiker. 1948 Mitglied (wie B. Vian, Queneau; später Dubuffet, Duchamp, M. Ernst, Ionesco, Leiris, Miró, Pia, Prévert) und Satrape des 1948 gegr. Collège de Pataphysique (esoter. Institut). Sartre traf in 1939 bei Monnier mit Gide.

Antoine de Saint-Exupéry: 1900-1944. Flieger u.a. in Nordafrika und Lateinamerika. Überlebte mehrere Unfälle. Schloss sich 1942 den Truppen de Gaulles an. Kehrte 1944 nicht mehr von einem Aufklärungsflug über dem Mittelmeer zurück. Vorexistentialistischer Schriftsteller. Verschiedene Romane, u.a. Courrier Sud 1928 (von Sartre 1930 gelesen), Vol de Nuit 1931 und Terre des Hommes (Wind, Sand und Sterne; tat es Sartre besonders an) 1939 sowie die Erzählung Le petit prince (Der kleine Prinz) 1943. Frühexistentialist: Der Mensch muss sich an der Erde bewähren. Nur im Kampf mit ihr findet der Mensch zu sich selbst. Wahrheit ist nicht etwas, das durch Diskussion erschlossen werden kann, sondern nur durch Erprobung. Es gibt viele Wahrheiten. Die Wahrheit eines einzelnen Menschen ist sein Wertmassstab, seine Kultur, sein Glaube. Entscheidend ist die Berufung, der er folgt und folgen muss. Der Mensch ist erst frei, wenn er zusammen mit andern ein ausserhalb seines Ichs liegendes gemeinsames Ziel hat. In einer öden Welt sehnt sich der Mensch nach Kameradschaft. Sinnvolles Leben ist Dienst am Menschen. Die Massen in den Arbeiterstädten haben keinen Sinn in ihrem Leben und harren der Befreiung, der wirklichen Geburt. Die moderne Technik hat den Menschen in einer sinnlosen mechanischen Zivilisation versklavt und ist gleichzeitig das Mittel, das die Menschen zum freien Menschen werden lässt. Es ist der Mensch, der durch seine Handlungen der Welt Sinn verleiht.

Armand Salacrou: 1899-1989. Dramatiker. Ab 1924 regelmässig Dramen, fast alle bei Gallimard. 1929-32 Generalsekretär von Dullins Atelier. Salacrou und seine Frau Lucienne wurden 1944 zu Freunden von Sartre und Beauvoir. Schwieg während der Besetzung. Nach der Befreiung rigoroser Kämpfer für Säuberungen. PCF-nahe.

François Samuelson: 1952 (in Ägypten) -. Literaturagent. 1956 emigriert nach Frankreich. 1981-87 in den New York. 1995 gründet die Agentur Intertalents. Veröffentlichte 2008 Il était une fois Libé … , eine Geschichte der Libération erstmals 1979 veröffentlicht, als Samuelson Student in Vincennes war..

Nathalie Sarraute: 1900-99. eigentlich Natalja Tcherniak. Tochter russischer Juden, geb. in Ivanovo. War 1941 mit Péron in derselben Widerstandsgruppe. Beauvoir wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit Sarraute bekannt, als diese einen Text für die TM unterbreitete. Zeitweise intime Freundin von Beauvoir. Sartre schätzte sie und vor allem ihr erstes Buch Tropismes (1939). Sartre, dem Sarraute geistig nahe stand, schrieb die Einleitung zu Portrait d’un inconnu (1948), das von verschiedenen Verlegern abgelehnt worden war. Die Freundschaft mit Sartre überdauerte den Bruch mit Beauvoir, die keine starke Frau neben sich dulden wollte und die Sarraute vorwarf, in Sartre verliebt gewesen zu sein und ihren Platz bei Sartre einnehmen zu wollen. Sartre zeigte jedoch kein Interesse an einer Affäre. Als Vertreterin des Nouveau roman, zusammen mit Butor und Simon, literarisch Gegnerin Sartres. Unterschrieb das Manifest der 121.

Dr. Eymard Sartre: 1836 (Puifeybert)-1913 (Thiviers). Jean-Paul Sartres Grossvater. Landarzt. 1863 Dissertation in Montpellier Du lipome. Zog von Puifeybert nach Thiviers. Atheist. 1906-13 Sartres Vormund.

Hélène Sartre: 1870-1960. Sartres Tante. Verh. mit Hauptmann Frédéric Lannes. Ihre Tochter Anie verstarb früh.

Jean-Baptiste Sartre: 1874-1906; Jean-Paul Sartres Vater. Brillanter Schüler. Absolvent der École Polytechnique (1895-97). Aufgewachsen in Thiviers/Périgord. Fuhr relativ erfolglos bei der Militärmarine zur See 1897-1905, zuerst v.a. in der Südchinesischen See. 1899 schwer an Darmkolitis erkrankt, die seine Rückkehr nach Frankreich erfordert. Heiratete am 5.5.1904 Anne-Marie Schweitzer, die er durch ihren Bruder und seinen Studienkollegen Georges Schweitzer kennen gelernt hatte.

Joseph Sartre: 1867-. Onkel Jean-Paul Sartres. Verwaltete seine landwirt. Liegenschaften. 1913-17 Sartres Vormund.

Renée Saurel: 1910-88. Literaturkritikerin, auch bei Combat, L’Express und Les Lettres Françaises, aber v.a. bei TM (1952-84). Engagierte sich für ein volksnahes Theater.

Alfred Sauvy: 1898-1990. Ökonom, Demograph, Soziologe. Schüler von Halbwachs. Berater von Reynaud (Reform der 40h-Woche 1938), de Gaulle (Bevölkerungspolitik, 1945), Mendès France (1954). 1945-62 Leiter INED. Polit. Links, tritt für eine hohe Geburtenrate ein; beschuldigt die Rechte des Malthusianismus und der bewussten nicht-expansiven Politik: Sartre (und nach ihm Pouillon) übernahm diese These in Les Communistes et la paix. Verwendete als erster den Ausdruck Dritte Welt. Mitgl. Collège de France (1962). Schrieb im Express und Monde.

René Schérer: 1922-. Philosophieprofessor, Homosexuellenaktivist. 1943-47 ENS. 1947-50 Prof. an der Médersa und am Institut d’études supérieures islamiques in Alger. 1955-60 CNRS, 1962-68 Prof. am Louis-le-Grand und Henri IV in Paris, 1970-90 Phil.prof. in Vincennes (Paris 8). Spezialist für Fourier. Aktiv in Homosexuellenbewegung zus. mit Hocquenghem, dessen Freund und Liebhaber er seit 1962 bis zu dessen Tod war. Unterzeichnete wie Sartre 1977 die Petition zu Gunsten der Sexualität der Minderjährigen. Befreundet auch mit Tran Duc Thao, Déleuze. War 1945/46-50 eng mit Zuorro befreundet, durch den Schérer zu einem praktizierenden Sartrianer wurde; durch Zuorro ging Schérer nach Nordafrika.

Ralph Schoenmann: 1935-. Amerik. Aktivist. Lord Russells letzter Sekretär (1960-69; Trennung im Streit mit Russell): organisierte das Russell-Tribunal 1966/67: gewiefter Strippenzieher, konnte jedoch an Sitzung in Kopenhagen nicht teilnehmen, da die USA seinen Pass widerrufen hatte (wg. Besuch in Vietnam). Ihm wurde vorgeworfen, dass er seine Position auszunutzen versuchte, um dem Russel Tribunal seine Meinung aufzudrücken (Beauvoir sah später in B. Lévy immer Sartres Schoenmann).

Laurent Schwartz: 1915-2002. Berühmter Mathematiker (Fields-Medaille 1950). ENS (promotion 1934). Trotzkist (PCI-nahe, 1936-48). Engagierte sich (mit Bourdet, Estier, Roy) im Algerienkrieg für Messali Hadj und dessen MNA. 1960 Mitunterzeichner des Manifestes der 121 (verlor seine Professur für 3 Jahre an der École Polytechnique [1959-60, 63-80]). Gründungsmitglied des PSU. Gründete 1961 zusammen mit Vigier und Sartre die Ligue d’action pour le rassemblement antifasciste. War anschliessend Präsident des Comité Vietnam National und des Unterstützungskomitees für Pliushtch. Vize-Tagungspräsident des Russell-Tribunals 1967. Näherte sich während der '68er Ereignisse wieder den Trotzkisten.

Alice Schwarzer: 1942-. Bedeutendste moderne deutsche Frauenrechtlerin. Studierte in Paris 1970-74. Eine der führenden Frauenrechtlerinnen in Paris (im Mouvement de Libération des Femmes). Von Sartre und Beauvoir stark beeinflusst; mit denen sie mehrere Interviews führte (1982: Simone de Beauvoir heute – Gespräche aus 10 Jahren). Veröffentlichte 1975 Der kleine Unterschied und seine grossen Folgen. Gründete 1977 die Zs. EMMA.

Albert Schweitzer: 1875-1965. geb. in Kaysersberg/Elsass. Theologe, Musiker (Orgel, J.-S. Bach), Mediziner. Cousin von Sartres Mutter. Vertreter eines christlichen Humanismus. Arzt in Lambarene (Gabun). Erhielt 1952 den Friedensnobelpreis. Warnte ab 1954 eindringlich vor den Gefahren eines Atomkrieges (deshalb vom CIA bespitzelt). Traf sich 1952 mit Sartre auf Einladung von Sartres Mutter, ohne sich viel zu sagen: sie hätten dasselbe Ziel, würden aber verschiedene Wege gehen.

Anne-Marie Schweitzer: 1882 (bei Mâcon)-1969 (Paris), in 1. Ehe 3.5.1904 mit Jean-Baptiste Sartre, in 2. Ehe 1917 mit Joséph Mancy. Mutter von Jean-Paul Sartre. Jüngstes Kind von Charles Schweitzer. Nach Tod von J.-B. Sartre bei den Eltern. Heiratete 1917 Joseph Mancy auch, um sich Unabh. von den Eltern und finanzielle Sicherheit zu schaffen (bereitete sich damals auf Prüfung als Gewerbeaufsichtsbeamtin vor). Spielte sehr gut Klavier. Sartre lebte bei am 42, rue Bonaparte 1945 bis 1962 (als ihre Wohnung durch Bombenattentate gegen Sartre gefährdet war), zog danach an den blv. Raspail um, an dem auch Sartre wohnte. Verwöhnte ihren Sohn selbst noch in hohem Alter (und er liess sich verwöhnen). Vermochte sich jedoch nicht gegen ihren Mann durchzusetzen (Treffen mit Sartre und Beauvoir fanden heimlich statt). Die Beziehungen zu ihrem Sohn waren nicht immer frei von Spannungen, da sie ihn gerne als grosse Prominenz mit rauschenden Empfängen gesehen hätte (cf. ihre Mitteilsamkeit gegenüber Journalisten und ihre Unterschrift unter die Verleihung der Légion d’Honneur an Sartre 1945). Als Konservative hatte sie politisch wenig mit ihrem Sohn gemein. Doch sie hielt bedingungslos zu ihm.

(Chrétien-)Charles „Karl“ Schweitzer: 18.6.1844 (Pfaffenhofen)-31.3.1935 (Paris). Jean-Paul Sartres Grossvater. Aufgewachsen in Pfaffenhofen/Elsass, wo sein Vater 1875-86 unter den Deutschen Bürgermeister war. Flog wegen Frauengeschichte vom Priesterseminar. Optierte für Frankreich. Heiratete 1875 Louise Guillemin. 1874 Agrégation. Lehrte zuerst Deutsch in Mâcon, dann in Lyon und Paris (Collège Rollin, 1893-1909 Lycée Jeanson-de-Sailly, zur selben Zeit an der École militaire spéciale in St-Cyr), wo J.-P. Sartre auch zur Welt kam. Anschliessend zog Charles Schweitzer nach Meudon um, wo er bis zu seinem 67. Lj. Deutschlehrer war. Anschliessend Rückkehr nach Paris, wo er das Institut für angewandte Sprachen gründete, an dem vor allem deutsche Studenten anhand der direkten Methode Französisch lernten. War Pionier der direkten Methode: Sprachen lernen um zu sprechen, Sprachaufenthalt im Ausland, Fremdsprachen schon im Kindesalter. Gab zusammen mit Simonnot ein Standardwerk des Deutschunterrichts heraus. Schrieb zwei Dissertationen über Hans Sachs und Guillaume d’Aquitaine. Publizierte regelmässig. Mitbegründer der Association des professeurs de langues vivantes, Gründer der Société pour la propagation des langues étrangères en France (mit Konferenzen u.a. mit Albert Schweitzer). 1897 Ritter der Ehrenlegion. 1925 führend auf der franz. Seite im Bemühen, Karl Kraus den Lit.nobelpreis zu verleihen. Vier Kinder. Entspricht M. Durand in Beauvoirs La Vieillesse.

Émile Schweitzer: -1927. Onkel von Sartre. Deutschlehrer (v.a. Lycée Chaptal).

Georges Schweitzer: Onkel von Sartre, studierte an der École Polytechnique, Marineingenieur, vermittelte den Kontakt zw. seiner Schwester und Sartres Vater.

Robert Scipion: 1921-2001. Journalist, Krimi-Autor. Spezialist für Kreuzworträtsel. 1944-47 bekannter Journalist bei Libération (u.a. 1945 in Berlin, dann Osteuropa, Asien). Bewegte sich im Milieu der Surrealisten (Prévert). Freund von J.-L. Bost. Wie J.-F. Rolland, Cau oder Astruc Mitglied der Bande um Sartre, der um 1950 auch zum engeren Kreis, der Familie, gehörte. Unterschrieb das Manifest der 121. Seine Annäherung an die Gaullisten während der Algerienkrise führte zum Bruch mit der Familie.

Jorge Semprún: 1923-2011. Spanischer Schriftsteller, Drehbuchautor, komm. Politiker. Seit 36 in Frankreich. Résistance. 42-64 Mitglied des PCE (unter dem Decknamen Federico Sánchez), davon 56-64 als Politbüromitglied. 43-45 im ZK Buchenwald. 57-62 Arbeit im Untergrund in Spanien. 64 als früher Eurokommunist zusammen mit Claudín im Machtkampf mit Carrillo, einem der späteren Führer des Eurokommunismus, aus PCE ausgeschlossen. Semprún trat für eine realistischere Sichtweise der Entwicklung Spaniens ein. 88-91 spanischer Kulturminister. Setzte sich 1981 für Solidarnosc ein. 1964 Diskussion mit Sartre, Ricardou, Faye, S. de Beauvoir und Berger über die Literatur (Que peut la littérature?).

Léopold Sédar Senghor: 1906-2001. Senegalesischer Schriftsteller und Präsident (1960-80). Einer der Führer der Négritude. Studierte ab 1928 in Paris (u.a. am Lycée Louis-le-Grand, dann Univ. Paris, 1935 agrégation). 1932 eingebürgert, kämpfte im 2. WK, 41/42 Gefangener. 45-58 Abg. der Nat.vers. zuerst für SFIO, dann als Unabh. Bis 1960 Prof. in Paris. 1983 als erster Schwarzafrikaner Mitglied der Académie Française.

Victor Serge: 1890-1947, Eigentlich Victor Kibaltchitch. Belgier jüdisch-russischer Abstammung. Schriftsteller. Zuerst Anarchist, ab 1919 in der UdSSR und Mitarbeit im Komintern. Mitglied der Linken Opposition um Trotskij. 1927 und 1933-36 verhaftet, 1936 nach internationaler Kampagne freigelassen (R. Rolland, Duhamel u.a. setzten sich für ihn 1935 auf Congrès internationale pour la défense de la culture ein 1935). Überwarf sich mit Trotskij (dieser bekämpfte den Kronstädter Aufstand 1921 und vertrat im Span. Bürgerkrieg eine Position der sozst. Rev. um jeden Preis). Für antiautoritären Sozialismus. 1941 Flucht nach Mexico.

Claudine Serre: 1949-. Diplomatin (zuerst in der Abt. für intl. Org. des Aussenmin., dann Dir. European American Chamber of Commerce [France]), Feministin. Schriftstellerin: Pseudonym: Claudine Monteil. 1968-70 in der Studentenbewegung aktiv, ab 1970 im MLF. Freundin von Simone und Hélène de Beauvoir. Schrieb mehrere Bücher über Simone de Beauvoir und ihre Schwester und Simones Verhältnis zu Sartre.

Jean-Jacques Servan-Schreiber: 1924-2006. Alias JJSS. Journalist, jüd. Herkunft, anti-gaullist. Politiker. 1943/44 in de Gaulles Truppen; 1948 Leitartikler im Le Monde. Schon 1950 gegen Kolonialismus. Bekannt mit Mendès France (sein polit. Vorbild), Mitterrand, Deferre, Giscard. Mit Françoise Giroud Mitbegründer des Express (1953, bis 70 Generaldirektor, bis 77 PDG des Groupe Express). Pro-Mendès France. Schrieb 1957 einen Erfahrungsbericht über Algerien, 1967 Le Défi Americain (für eine technolog. Modernisierung Europas). 1969-71 Generalsekretär, 1971-79 Präsident des Parti Radical (ehem. Radikalsozialisten). 1970-78 Abgeordneter. 1974 Reformminister unter Chirac (wg. Protest gegen Atomtests im Pazifik nach 13 Tg. abgesetzt).Berater von Giscard und Mitterrand. Sartre schrieb 1958 für ihn drei Artikel gegen den gaullistischen Verfassungsentwurf.

Jean Seznec: 1905-83. Historiker, Mythologe. Mit Sartre an ENS. 1929-39 v.a. in Italien, nach dem 2. WK in den USA (Harvard).

Max Shachtman: 1904-72. US-Trotzkist. Polnisch-jüdischer Herkunft. Die Spannungen mit Trotskij und Cannon (v.a. UdSSR als bürokratischer Staat) führten zur Gründung des Socialist Workers Party 1940. Wurde dann zuerst zum Sozialisten, in den 60er Jahren zum Sozialdemokraten. Seine Anhänger bildeten z.T. den anti-stalinistischen Trotzkismus, wurden z.T. aber auch virulente Antikommunisten und Neokonservative (Irving Kristol, Nathan Glazer).

Mikhail Aleksandrovitch Sholokhov: 1905-84. Sowjet. Schriftsteller: Tixij Don (Stiller Don, 1927-28, 40), Podnjataja Tselina (Neuland unter dem Pflug, 1932, 59; von Sartre sehr geschätzt): Autorschaft beider Werke ist umstritten. 1965 Lit.nobelpreis (nachdem Sartre 1964 gegen Sholokhov gewählt wurde und kritisierte, dass der Nobelpreis polit. sei). Sehr parteitreu: von Khrushtchëv sehr geschätzt, stv. Vors. des Sowjet. Schriftstellerverbands. Verteidigte 1956 Ungarneinmarsch: Sartre brach Beziehungen zu sowjet. Schriftstellerverband ab. Forderte 1966 die Todesstrafe für Sinjavskij und Daniäl’.

Shūzō Kuki: 1888-1941. Japan. Philosoph. Studierte 1921-29 in Europa: bei Rickert, Heidegger (1927), Bergson. Prof. in Kyoto. Führte Heideggers Philosophie in Japan ein. In den 30er Jahren zunehmend rechtsextrem. Sartre gab ihm 1928 Unterricht in franz. Philosophie: unklar, inwieweit Sartre schon damals etwas über Heidegger erfuhr: auf jeden Fall wirkungslos.

Michel Sicard: 1950-. Professor für Kunstwiss. in Paris-1. Traf Sartre erstmals 1970. Veröffentlichte 1976 La Critique littéraire de Jean-Paul Sartre, 1979/81 zwei Nummern von Obliques über Sartre, 1989 Essais Sur Sartre. Entretiens Avec Sartre (1975-1979). Mitbegründer der Groupe d’Etudes Sartriennes, Organisator der jährl. Sartre-Kolloquien an der Sorbonne.

Liliane Siegel: 1932-. Verkäuferin, Jogalehrerin, jüd. Herkunft (ihre Schwester starb im KZ), aus bescheidenen Verhältnissen. 1960-80 eine von Sartres Freundinnen (ohne Intimitäten); der Kontakt durch Brief Lilianes an Sartre; Freundschaft zuerst verheimlicht (ausser gegenüber Beauvoir), erst 1970 offizialisiert; Sartres Bindeglied zur Gauche Prolétarienne (übernahm deren Sekretariat). Herausgeberin von J’accuse und Tout! (zweimal gerichtl. verurteilt), Mitherausgeberin von La Cause du Peuple-J‘accuse; bei Aktionen mit Sartre dabei (Bruay-en-Artois, Besetzung der Sacré-Coeur). Vermittelte Benny Lévy die Arbeit bei Sartre. Beziehungen zu Lévy waren nie gut (Lévy als autoritär, stur und stolz). Auch zu Arlette kein gutes Verhältnis, durch Adoption sehr schockiert; versuchte aber teilweise zwischen den beiden Lagern zu vermitteln. Neben Arlette und Michelle Vian jene Person, die sich in seinen letzten Jahren am meisten um Sartre kümmerte. Enge Bekannte von François Truffaut. Veröffentlichte 1978 mit Beauvoir Sartre, images d’une vie, 1988 La Clandestine über ihr Leben mit Sartre.

Simone Signoret: 1921-85. Filmschauspielerin. Verheiratet zuerst mit Yves Allégret, dann ab 1951 mit Yves Montand. U.a. 1957 in Les Sorcières de Salem von Raymond Rouleau nach einem Drehbuch von Sartre. 1960 Oskar als beste Schauspielerin. Engagierte sich in den 60er und 70er Jahren oft politisch mit Y. Montand für dieselben Anliegen wie Sartre (u.a. Manifest der 121). Auch an Sartres Beerdigung. Setzte sich 1981 für Solidarnosc ein.

Ignazio Silone: 1900-78. Italienischer Schriftsteller. 1924-30 einer der Führer des PCI (u.a. an Komintern-Sitzungen). 1931 Ausschluss aus dem PCI. Unklar, wieweit er mit der faschist. Polizei zus.arbeitete. Nach dem 2. Weltkrieg Mitglied der antikommunistischen Sozialdemokraten Saragats (PSI, ab 1952 PSDI). Führend in der italienischen Sektion des Congrès pour la liberté de la culture. Trotzdem gernbesuchter Gesprächspartner von Sartre.

Konstantin Mikhajlovitch Simonov: 1915-79. Sowjet. Schriftsteller. Im 2. WK Kriegsberichterstatter und Agitprop-Mitarbeiter. 6x Stalinpreis: Stalins Lieblingsschriftsteller. 1946-50, 54-58 Chef-Red. Novyj Mir, 1950-53 Literaturnaja Gazeta. 1949 an der antisemitischen Kampf gegen den Kosmopolitismus beteiligt. Prominenter Stalinist. 1946-59, 67-79 Sekr. des Sowjet. Schriftstellerverbands. Sartre traf ihn 1954, 62.

Andrej Donatovitch Sinjavskij: 1925-97. Sowjetischer Literaturkritiker (Novyj Mir), Schriftsteller. Alias: Abram Terz. Verlor 1958 seinen Arbeitsplatz, als er die Vergabe des Nobelpreises an Pasternak verteidigte. 1965 verhaftet (wg. Publikation im Westen), 1966 zu 7 Jahren Umerziehungslager verurteilt. Sartre, Breton, Duras, Leiris protestierten dagegen. 1971 freigelassen. Ab 1973 in Frankreich, wo er an Paris-IV unterrichtete.

Albert Skira: 1904-73. Genfer Verleger (seit 1928). Spezialisiert in Kunstbüchern: u.a. Werke von Pablo Picasso, Alberto Giacometti, Georges Braque, Jean Metzinger, Henri Michaux.. Bedeutender Verleger der Surrealisten. Kunstzeitschriften Minotaure (Paris, 1933-39; Chefred. Breton), Labyrinthe (Genève). Veröffentlichte Nourritures von Sartre mit Illustrationen von Wols. Sartres Werk über Tintoretto war von S. bestellt.

Rudolf Slánský: 1901-52. Tschechischer komm. Führer. 1946-51 Generalsekretär der komm. Partei der Tschechoslowakei. Von den Stalinisten unter Benutzung antisemitischer Motive („Titoismus-Trotzkismus-Zionismus“) am 2.12.52 gehängt.

Albert Soboul: 1914-82. Historiker: Spezialist für Franz. Revolution und Napoleon. Seit 1939 PCF-Mitgl. Schüler von G. Lefebvre. Apologet der Franz. Revolution: später von Revisionisten um Furet (1965) u.a. bekämpft (letzte behaupteten, dass die Revolution schon mit Sturm auf Bastille 1789 entgleist war und nicht erst mit Sturz Robespierre 1794 [Thermidor]). Sartre schätzte ihn: las ihn in den 50er Jahre (Les Sans-culottes: Terreur als Kompromiss zw. kleinbürgerl. Jakobinern und Pariser Unterschicht der Sansculottes).

Philippe Sollers: 1936-. Schriftsteller (Romane, Essays). Verheiratet mit Kristeva (seit 1967), befreundet mit Macchiocchi. 1960 Mitbegründer von Tel Quel. 1961 Prix Médici für Le Parc. Macchiocchi organisiert Reise der Tel Quel-Gruppe 1974 nach China mit Sollers, Kristeva, Barthes. Verteidigt 1976/77 die Viererbande gegen die chin. Reformer.

Aleksandr Isaevitch Solzhenitsyn: 1918-2008. Sowjetischer Schriftsteller. 1970 Nobelpreis. Politisch Traditionalist und Nationalist. 1945-57 im Gulag. Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch (Erzählung über das Lagerleben) stand für die kurzfristige kulturelle Öffnung unter Khrushtchev. 1969 aus Schriftstellerverband ausgeschlossen. 1974 Archipel Gulag und Ausweisung. 1974 in Köln (bei H.Böll), 1974-75 in Zürich, 75-94 in den USA, Rückkehr nach Russland (rehabil. 1990). Besuch S.s in Paris 1975. Die Veröffentlichung des Archipels Gulag in Frankreich Mitte 1974 beschleunigte die Abkehr vieler Intellektueller, v.a. der Neuen Philosophen, vom Kommunismus und seinen revolutionären Mythen hin zu einer an im Sinne Arons anti-totalitaristischen und an den Menschenrechten ausgerichteten Politik. Sartre und Beauvoir liebten seine Werke schon in den 60er Jahren. Drei seiner Erzählungen wurden in den TM veröffentlicht. Die Liebe war jedoch einseitig, da S. sie ihrer linken Haltung wegen ablehnte.

Germaine Sorbets: 1945-74 Sekretärin der TM. Schrieb hierüber « Allô? Je vous passe Jean-Paul Sartre … » (2002).

Georges Sorel: 1847-1922. Politischer Denker. Ausgehend von Marx, Proudhon und Nietzsche Theoretiker des Generalstreiks als Mittel der Revolution sowie der Massen und der Gewalt insgesamt. Gleichzeitig von den Anarchosyndikalisten, Sozialisten wie Faschisten verehrt. Insbesondere von Mussolini angewandt.

Nathalie Sorokine: 1921-67 (oder 68). Genannt Natacha und Sarbakhane; in Beauvoirs Memoiren Lisa Oblanoff. Vorbild für Hélène in Le Sang des autres und für Nadine in Les Mandarins. Staatenlose Russin, geboren in Istanbul. 1938 Beauvoirs Schülerin am Lycée Molière. Hatte insbesondere 1939/40 mit Beauvoir ein sehr enges Verhältnis, weswegen Beauvoir 1943 ihre Stelle als Lehrerin verlor, nachdem Natachas Mutter sie bei der Behörde angezeigt hatte. Studierte Philosophie an der Sorbonne. Wollte kein Verhältnis mit Sartre. Vermittelte Sartre die Bekanntschaft mit Giacometti 1941. Klaute während des Krieges Fahrräder (eines für Sartre für dessen Fahrradtour in Südfrankreich zu Gide und Malraux). Befreundet mit Bourla, Mouloudji. Suchte Nähe zu homo- und bisexuellen Männern. Heiratete 1946 Ivan Moffat (Tochter Mary): zog mit ihm nach Kalifornien und schied damit aus der „Familie“ Sartres aus. Beauvoir traf sie wieder 1947, 48 und 50 auf ihren Reisen in die USA. 1955 Scheidung von Moffat. Heiratete später den Chemiker Sidney Benson (der Physiker Bertie aus den Memoiren; Sohn Michael und Adoptivtochter Lily) und war auf eine besondere Art befreundet mit Oreste Pucciani, den sie eigentlich heiraten wollte. 1951 kam sie mit Pucciani und dessen jungen Liebhaber nach Paris, 1954 mit Sidney Benson. Bruch mit Beauvoir, nachdem sie schlecht über Algren gesprochen hatte: doch Treffen mit Beauvoir 1967 in Paris.

Jacques Soustelle: 1912-90. Gaullist. Politiker, Ethnologe (mexikan. Kultur). ENS (promotion 1929). Schüler von Ribet. Zuerst bei antistalinist. Kommunisten, Mitgl. CVIA, schliesst sich 1940 de Gaulle an: zuerst Lt. Geheimdienst, dann 1945-46 Minister. 1947-51 Gen.Sekr. der gaullist. RPF. 1955-56 Gen.gouv. von Algerien (ernannt durch Mendès France): für franz. Algerien. 1958-60 Min. unter de Gaulle/Debré: scheidet aus wg. Algerienpolitik: Gründete mit Bidault u.a. den Conseil National de la Résistance, in Ltg. der OAS: 1962-69 im Exil. Nach Rückkehr wieder in Politik: unterstützte diskret Papon, 1983 Mitgl. Académie Française. 1947 heftige Kritik an Sartre wg. Radiosendung La Tribune des Temps Modernes über de Gaulle: Sartre als verkappten Stalinisten (cf. L’Inexistentialisme de Jean-Paul Sartre).

Boris Souvarine: 1895-1984. Franz. Linkspolitiker. Ukrain. Jude. 1897 nach Frankr. emigriert. Einer der Führer des Wechsels der Mehrheit des SFIO von den Soz.dem. zu den Kommunisten (Kongress von Tours). Mitglied des Sekr. Komintern, Unterstützte Trotskij: Ausschluss 1924. Antistalinist 1935 Stalin-Biographie. Hielt im Gegensatz zu Trotskij die UdSSR nicht für einen degenerierten Arbeiterstaat, sondern für Staatskapitalismus. Nach dem 2. WK zunehmend reformistisch und antikommunist.: beeinflusste u.a. C.L.R. James.

Auguste Comte Spectorsky: 1910-72. Geboren in Paris, lebte in den USA. Journalist und Direktor beim Playboy. Veröffentlichte 1955 The Exurbanites: Die Reichen verlassen die Städte und ziehen in die Vororte; der Wohnort wird zum Statussymbol. Beiträge in den TM 1957 und 58.

Manès Sperber: 1905 (Ostgalizien)-84. Pole jüdischer Herkunft. Vorbild für Manes Goldmann in Les Mandarins. Schriftsteller deutscher wie französischer Sprache. Mitarbeiter von Alfred Adler. 1916 Flucht mit Eltern nach Wien: Tätigkeit in zionist. Org., Studium bei A. Adler. 1927 nach Berlin: Beitritt zur KPD: Aufbau einer marxist. Individualpsychologie: Bruch mit Adler. 1933 Flucht nach Paris. 1937 unter dem Eindruck der Moskauer Schauprozesse Bruch mit der KP. Meldete sich zu franz. Armee, 42-45 in der Schweiz (interniert): Rückbesinnung auf Judentum. Nach dem 2. Weltkrieg kulturpolit. Berater der franz. Regierung und Lektor bei Calmann-Lévy. Blieb zeitlebens Sozialist, doch Gegner der Studenten im Mai '68. Kulturphilosoph, der Menschlichkeit und Wahrheit an Stelle von Gewalt und Unmündigkeit setzte. Befreundet mit Malraux, Camus, Koestler, Aron. Sartre lernte ihn durch Koestler kennen.

Gérard Spitzer: 1927-96. Aus dem PCF kommend. Für alger. Unabhängigkeit (1959 verurteilt). Mitglied der Voie Communiste.

Stendhal: 1783-1842. eigentlich Marie-Henri Beyle. Autor der beiden bekanntesten Romane des 19. Jh., Le Rouge et le Noir und La Chartreuse de Parme. Sartres Lieblingsautor: dies war wahrscheinlich der Grund, weshalb Sartre nie etwas über ihn schrieb. Strebte wie Sartre sein Heil durch den Nachruhm aufgrund seiner Werke und durch Authentizität an. Sartre identifizierte sich mit Stendhal, der seine Mutter mit 7 Jahren verlor und seinen Vater verachtete, der durch seinen Grossvater mit der Literatur vertraut gemacht wurde, gegen seine Familie revoltierte, Atheist und Republikaner war, der sich gerne mit schönen Frauen umgab, obwohl er sich selbst als hässlich, klein und dick empfand, der Italien verehrte. Beauvoir schrieb über Stendhal in Le deuxième Sexe.

Roger Stéphane: 1919-1994. Eigentlich Roger Worms. Schriftsteller, Journalist. Jüdischer Herkunft. Offen homosexuell. Befreundet mit Cocteau, Gide, Martin du Gard. In der Résistance. 1948 beim RDR dabei. 1950-58 beim Observateur. Zuerst für Radikalsozialismus und gemässigte Sozialisten (MendèsFrance, Faure, Mitterrand). Ab 1958 (Links-)Gaullist (gründete zus. mit Debré 1969 Présence du gaullisme). Sartre schrieb 1950 ein Vorwort zu Portrait de l’aventurier.

Dr. Mikhail Stern (Shtern): 1918-2005. Sowjet.-ukr. Dissidenter, Arzt. Jude. 1952-54 im Rahmen von Stalins Kampagne gegen jüd. Ärzte verfolgt. 1961 Kampagne gegen Antisemitismus. 1974 zu Zwangsarbeit verurteilt (seine 2 Söhne hatten Visa für Emigration beantragt). Sartre setzte sich 1976 für dessen Befreiung ein: nahm 1977 mit Beauvoir an Intl. Stern Tribunal in Amsterdam teil, worauf Stern kurz später freigelassen wurde: Emigration nach Holland (arbeitete als Sexologe).

Benno Sternberg: Alias Benno Sarel, Hugo Bell. -1971. Rumänischer Jude. Studierte Soziologie. Publizist, Journalist (u.a. for Combat in Berlin). Trotzkist (1944 Mitgl. PCI), 1949-67 Mitglied von Socialisme ou barbarie. Publizierte in TM mit (u.a. 1953 über Juniaufstand).

André Stil: 1921-2004. Schriftsteller, Politiker. Ausgebildeter Philosophielehrer. Mitglied der Résistance (Libération). Mitglied des PCF (seit 1940; 1950-70 ZK-Mitgl.). Zuerst Verfechter des Realistischen Sozialismus von Zhdanov. 1949-50 Chefredaktor von Ce Soir unter Aragon. 1950-56 Chefredakteur von L’Humanité. 1952 und 1953 wg. 2 Leitartikeln 8 Monate Gefängnis: Meeting u.a. mit Picasso zu seiner Freilassung. Während Algerienkrieg wird sein Werk Le Fourdoyage verboten: Proteste u.a. von Sartre, Vercors. Stalinpreis der Literatur, Prix Populiste. 1977 Mitglied der Académie Goncourt.

Sally Swing Shelley: 1924-2006. Amerikan. Journalistin (AP, Voice of America), arbeitete dann für den Informationsdienst von UNESCO und UNO. Lebte 1945-50 in Paris. Sartre traf sie im Sept. 1947 in Cannes, als sie für International Tribune ein Porträt über Sartre schreiben sollte (intime Beziehung). Das beabsichtigte Buch Sartre and I erschien nicht.

Erich von Stroheim: 1885 (geb. in Wien; jüd. Herkunft)-1957 (gest. in Frankreich). Extravaganter US-amerikanischer Regisseur aus der Stummfilmzeit, Schauspieler, Drehbuchautor. Lebte in den 30er und 50er Jahren in Frankreich. Gem. Interview mit Contat zu seinem 70. Geburtstag einer der wenigen Prominenten, den Sartre sehr schätzte.

Gaby Sylvia: 1920-80. Theater- und Filmschauspielerin. Estelle in Uraufführung von Huis clos (1944).

Andrej Arsen’evitch Tarkovskij: 1932-86. Sowjet. Filmregisseur, Grossmeister des Films. Sein Film Iwans Kindheit (Ivanovo detstvo) über einen Jungen im Zweiten Weltkrieg erhielt 1962 in Venedig den Goldenen Löwen, obwohl er in der UdSSR sehr umstritten war. Sartre schrieb dazu einen positiven Beitrag.

Cristina Tavares: Junge, rothaarige Frau, in die sich Sartre auf seiner Brasilienreise 1960 verliebte. Sie leitete ein Luxushotel und begleitete Sartre während seiner Reise. Sartre trug sich ernsthaft mit dem Gedanken, sie zu heiraten, da sie als Jungfrau ohne Heirat nicht mit ihm schlafen wollte.

Édith Thomas: 1909-70. Schriftstellerin, Journalistin (bei Ce Soir). In Résistance, 1942-49 Mitgl. PCF. In ihrer Wohnung traf sich der C.N.E. während des Kriegs.

Maurice Thorez: 1900-64. Schon 1925 Politbüromitglied, 1926 Sek f. Org..1930-64 Generalsekretär/Führer des PCF. Orthodoxer Stalinist, der (fast) immer alle Änderungen aus Moskau mitmachte. Verheiratet mit Jeannette Vermeersch. 1939 Desertion (deswegen 1940 ausgebürgert) und Flucht nach Moskau: 1944 begnadigt und Rückkehr nach Frankreich. 1944-47 Minister. 1950-53 krankheitshalber in Moskau (Duclos als Stellvertreter). Blieb Stalinist auch nach 1953/56: verantwortlich für die im Vergleich zur italien. KP orthodoxe Haltung des PCF bis heute. Kein Freund Sartres. Verantwortlich für die Kampagnen gegen Nizan 1940 und nach 2. WK.

Charles Tillon: 1897-1993. komm. Politiker. Einer der Anführer des Aufstands auf einem franz. Schiff im Schwarzen Meer 1919. Mitglied PCF und dessen ZK (1932), in Résistance (Chef der FTP), Minister 1944-47, Politbüro-Mitgl. ab 1945, Mitarbeit in Friedensbewegung, 1952 aus Partei ausgeschlossen (auf Befehl Moskaus werden Führer ausgeschlossen, die sich nicht bedenkenlos Moskau unterwerfen), 1957 wieder aufgenommen, 1970 ausgeschlossen (wg. Kritik an Einmarsch in CSSR). 1970/71 bei Secours Rouge dabei.

Tintoretto: 1518-94, venezianischer Maler v.a. religiöser Werke; eigentlich Jacopo Robusti; über seiner Werkstatt stand als Motto: Il disegno di Michelangelo e il colore di Tiziano. Sein Werk La Gloria del paradiso ist das grösste Gemälde der Welt. Seine Werke zeichnen sich durch eine ausddrucksstarke, leidenschaftliche Komposition aus. Sartre war begeistert von Tintoretto und verteidigte ihn gegen Tizian. Sartre schrieb 1961 über Il miracolo di San Marco (Das Wunder des hl. Markus) in der Gallerie dell'Accademia in Venedig und Saint George and the dragon in der National Gallery London . Le Séquestré de Venise (1957) beschäftigt sich mit Tintoretto.

Olivier Todd: 1929-. Journalist. Mutter Engländerin. Heiratete 1948 Anne-Marie Nizan (Tochter von Paul Nizan; mit ihrem Bruder Patrick ging Todd ins Lycée Henri IV; die beiden Kinder standen unter Sartres Vormundschaft). Vater von Emmanuel Todd. Befreundet mit Revel. Studierte 1948-51 analyt. Philosophie in England. Machte Sartres Bekanntschaft 1948. Arbeitete ab 1953 in der Redaktion von TM mit. Veröffentlichte 1957 das Buch Une Demi-campagne, das sich mit der Situation Marokkos 1955/6 befasste, wo Todd Militärdienst leistete (Taschenbuchauflage als Les Paumés 1973 mit Vorwort Sartres). Journalist beim France-Obsevateur, Nouvel-Observateur (1970 stv. Chefredaktor), englischsprachigen Zeitschriften, beim L’Express (1977-81 stv. Chefredaktor: Abgang nach Streit mit Aron über pro-Mitterrand Titelseite). Konflikt bei Nouvel Observateur mit Jean Daniel und v.a. Gorz und Bost. Obwohl bis zuletzt pro-Vietkong einer der Gründer der Aktion Un Bateau pour le Vietnam. Kritisierte ab 1954 Sartres polit. Engagement (PCF, China, Cuba, Vietnam). Beauvoir mochte ihn überhaupt nicht und warf ihm vor, dass er sich in die Rolle eines Sohnes von Sartre einzuschleichen versuchte. 1981 Buch über Sartre Un Fils rebelle, nach dem es gerade die vielen Fehler sind, die Sartre über den Rest hinaushoben. Warf Lévy in Zusammenhang mit Espoir maintenant Altenverführung (Détournement de vieillard) vor. Biographien über Camus (1996) und Malraux (2001).

Palmiro Togliatti: 1893-1964. Ital. Komm. Führer. 1924-44 in Komintern als Stalinist. Politkomissar im Span. Bürgerkrieg. 1947-64 Generalsekretär des PCI. Für Massen-, gegen Kaderpartei, für parlamentar. Demokratie, lehnte 1956 mit dem Begriff des Polyzentrismus den Führungsanspruch der KPdSU ab: für nationalen Weg zum Sozialismus. Ab 1960 für polit. Allianz mit Sozialisten. Sartre sympathisierte ab 1957 mit dem PCI und Togliatti. 1964 guter Nachruf Sartres nach T.’s Tod.

Paul Touvier: 1915-96. Kriegsverbrecher: der erste von nur zwei wg. Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilten Franzosen. Als Chef der Miliz in Lyon-Savoyen verantwortlich für Judenverfolgungen und Unterdrückung der Résistance. 1946 zum Tode verurteilt. Konnte sich dem Vollzug des Urteils dank der Unterstützung durch rechtskath. Kreis und Kirche (u.a. Erzbischof von Lyon) entziehen. Begnadigung durch Pompidou 1971 löste Skandal aus. Erst 1989 verhaftet und 1994 verurteilt. Als La Cause du peuple-J’accuse 1972 für Touvier die Guillotine forderte, lehnte Sartre diesen maoist. Populismus ab.

Trần Đức Thảo: 1917-93. Vietnamesischer kommunistischer Philosoph. 1936-51/52 in Frankreich. Studierte an der ENS, 1942/43 Agrégation, dann Caïman (Tutor für Philosophie) an der ENS: Spezialist für Husserls Phänomenologie (u.a. Studien bei Merleau-Ponty); versuchte nach 2. WK Phänomenologie und Marxismus durch Husserls Konzept der Lebenswelt miteinander zu verbinden (stark komm. überarbeitetes Werk als Phénoménologie et matéralisme dialectique publiziert). Veröffentlichte Artikel über den Indochinakrieg in TM. Hatte 1950 eine ausführliche Diskussion mit Sartre über dialektischen Materialismus und Existentialismus (Prozess mit Sartre, der Publikation der Gespräche verbot). 1951/52 Rückkehr nach Vietnam. 1958-87 in Ungnade. In seiner Selbstkritik bezeichnete er die TM als eine trotzkistische Gruppe. Als O. Todd 1966 nach N-Vietnam fährt, gelingt es trotz Sartres Empfehlung nicht, mit ihm Kontakt herzustellen. 1991 Rückkehr nach Paris, wo er starb.

Elsa Triolet: 1896-1970. Eigentlich Elsa Kagan. Russin (aus Moskau). Schwägerin von Majakovskij. Frau und Partnerin von Aragon: sie verschaffte Aragon die guten polit. Beziehungen. Schriftstellerin (1944 Prix Goncourt). Mitglied des PCF und der Résistance. 1939 besprach Sartre Triolets Bonsoir Thérèse, ihr erstes Werk auf Französisch. 1951 negative Besprechung von Le Diable et le bon Dieu in Les Lettres françaises.

Roger Troisfontaines: 1916-2007. Belgischer Jesuit und Philosophieprofessor (Namur, Louvain). Bedeutender katholischer Gegner von Sartres Existentialismus: 1945 Diskussion mit Sartre in Brüssel.

Lev Davidovitch Trotskij (Trotzkij): 1879-1940. Sowjet. Kommunist. Jüdischer Herkunft. Begründer der Roten Armee, führender Politiker (Aussen-, Verteidigungsminister). Durch Stalin 1927 entmachtet und verbannt. 1929-33 in Türkei, 33-34 in Frankreich (Naville hatte ihn dazu aufgefordert, Malraux war einer seiner ersten Besucher), 34-36 in Norwegen, 36-40 in Mexico. Dort von einem Agenten Stalins erschlagen.